
   
  
Dass die elektronischen Medien die in der Schriftkultur entwickelten Gesellschaften, die sich vor allem seit der Erfindung der Buchdruckerkunst bildeten, völlig verändern werden, ist durch die wichtigen Untersuchungen Marschall Mc LUHANs [1] gesichert. Auch in der Kunst haben die neuen Medien zu wirken begonnen. Wenn auch der internationale Kunstmarkt Produkte der Ölmalerei, die den traditionellen Medien zugehören, mit Preisen umwälzt, die bisher nicht erreicht wurden (z.B. van GOGH), ist dies doch kein Anzeichen für eine Zunahme an gesamtgesellschaftlicher Bedeutung.
   
  
Die Kunsttheorie für digital erzeugte
  und dargestellte Raum(zeit)gebilde aller Art steckt in den Kinderschuhen. Die
  wenigen Künstler, die bisher mit diesen Medien umgehen, sind häufig
  unbelastet von der gesamten bisherigen Kunsttradition, viele ihrer Werke
  muten daher, wenn man sie in den Gesamtkonnex der bisherigen
  Kunstäußerungen der Menschheitsgeschichte einordnet, an, als wollte uns
  ein Radfahrer einreden, er führe mit einem Porsche. Jede revolutionäre
  Neuerungsbewegung neigt auch dazu, das Bisherige vorerst krass und
  distanzierend abzulehnen.
Die folgenden Zeilen sind eine Anregung,
  ein Entwurf von Grundlagen einer Kunsttheorie für digital
  erzeugte und reproduzierte Raum(zeit)gebilde. Sie basiert auf einer
  Kunsttheorie, die alle bisherigen in sich enthält, die aber über diese
  auch weit, ja auch über alle möglichen Kunstäußerungen der digitalen
  Kunst, hinausreicht. Wenn wir hier Anregungen für die Kunstheorie der
  Digitalkunst geben, so geschieht dies gleichsam "zurück aus der
  Zukunft".
  [2]
  
   
  
   
  
"Die neue Sprache des Raumes ist
  der Output einer Grammatik, die eine unendliche Zahl von Modellen erzeugt,
  wo die räumlichen und zeitlichen Beziehungen veränderbar sind." 
Die folgenden Seiten zeigen, dass diese
  Raum(zeit)theorie noch unvollständig ist.
2.1. Räume
Der unendliche und unbedingte Raum o (Or-Raum) ist in allen drei Richtungen unendlich, hat also keine Grenzheit hinsichtlich der Richtheit. Der Räume i und e in Zeichnung 1, haben ebenfalls hinsichtlich keiner Richtung eine Grenze, sind also auch in alle drei Richtungen unendlich. Wenn auch die Richtung dä in zwei Hälften zerfällt, so ist doch das halbe dä in Richtung i unendlich lange, wie auch in Richtung e. Die Räume i und e haben daher die selbe Grenzheitstufe, wie der Raum o (Or-Raum).
Die nächste Grenzheitstufe des Raumes in sich ist durch zwei unendliche rote Flächen als Grenzen bestimmt, wie in Zeichnung 2 dargestellt. Der Raum zwischen den roten Fläche X1 und X2 ist daher nur mehr in 2 Richtungen unendlich, in einer Richtung aber endlich. Dieser Raum G ist hinsichtlich der Grenzheitstufe von den Räumen i und e sowie dem Or-Raum o artheitlich unterschieden. Zu beachten ist, dass ein solcher Raum sowohl in i als auch in e als auch in beiden sein kann.
Die nächste innere Art der Grenzstufheit der Räume ist dadurch gegeben, dass in einer zweiten Richtung Endlichkeit gegeben ist. In Zeichnung 3 ist eine unendlich lange, viereckige Säule gegeben, die durch die unendlichen roten Flächen X1, X2 und die unendlichen grünen Flächen Y1, Y2 begrenzt ist. Auch hinsichtlich der Richtung de ist nun Grenzheit gegeben, hinsichtlich di aber immer noch Unendlichkeit. Auch ein solcher Raum kann in i, e oder in beiden gelegen sein.
Schließlich ist noch eine dritte Art der Grenzheitstufung des Raumes zu erkennen, wenn nämlich in allen drei Richtungen Endlichkeit gegeben ist, wie in Zeichnung 4, wo durch die Begrenzung der endlichen roten Flächen X1, X2, endlichen grünen Flächen Y1, Y2 und endlichen blauen Flächen Z1, Z2 ein Würfel oder Quader entsteht. Endlicher kann ein Raum nicht mehr werden. Er ist unendlich endlich. Der Raum hat also in sich 3 Arten von In-Räumen.
2.2. Flächen
Fläche gilt als Raum ohne Tiefe. (Nicht im Sinne nicht-euklidischer Geometrien, für welche natürlich modifizierte Regelungen gelten, hinsichtlich der Frage der inneren Grenzheitstufen aber die gleichen Kategorien modifiziert Anwendung finden müssen.) Im üblichen Sinne ist daher Fläche definiert als Raum mit zwei Dimensionen. Auch hier gilt wieder, dass bei der ersten In-Gliederung der unendlichen Fläche in Zeichnung 1 durch die Linie di zwei Teile der Fläche entstehen, die jeweils den oberen Teil der Richtung de und den unteren Teil derselben befassen, dass aber in der Richtung de keine Grenzheitstufe der Fläche gegeben ist, weil de in beide Richtungen noch unendlich lange ist.
Erst wenn, wie in Zeichnung 5 durch zwei Linien m1 und m2 die Richtung de endlich wird, z.B. 3 cm lang, entsteht eine Fläche mit der ersten inneren Grenzheitstufe der Fläche, eine Fläche also, die in der Art von der unendlichen Fläche und den beiden Hälften derselben unterschieden ist. Die Fläche M ist nur mehr in einer Richtung unendlich. Die Fläche hat aber noch eine weitere innere Grenzheitstufe, die in Zeichnung 6 dargestellt ist. Wird auch die Richtung di endlich, durch die beiden Geraden n1 und n2, entsteht eine in jeder Richtung endliche Fläche. Die Fläche hat also in sich zwei Arten von In-Flächen, die nach der Stufung der Grenzheit unterschieden sind.
	
2.3. Linie
Hinsichtlich der Linie und ihren Grenzheitsstufen sind folgende Deduktionen zu beachten:
Betrachten wir die Linie (1), so ist sie eine unendlich lange, gerade Linie o.
Nun blicken wir auf die Linie (2), die schon in der Linie (1) ist. Sie zeigt uns, was die Linie (1) in sich ist. Die Linie (1) ist in sich zwei und nur zwei Linien, i und e, die beide noch unendlich lang, aber doch insoweit gegenheitlich sind, als die eine ist, was die andere nicht ist und umgekehrt, das heißt, sie verneinen und begrenzen einander teilweise. Jede der beiden ist zwar noch unendlich lang, aber der Punkt x ist ihre Grenze gegeneinander.
	
Hier in dieser ersten Ableitung der Linie (1) nach innen erkennen wir, dass es in der ersten Ableitung nach innen, wenn man von einem unendlichen Ganzen ausgeht, nur zwei Glieder gibt, die beide noch unendlich sind. Die beiden Linien haben daher die gleiche Grenzheitstufe, wie die Linie o. Wir sehen weiter, dass hier eine Neben-Gegen-Verneinung von i und e entsteht, wodurch aber die Linie (1) in keiner Weise negiert wird. Was heißt der Begriff Neben-Gegen-Verneinung? Die Linie i ist neben der Linie e, aber die eine ist, was die andere nicht ist und umgekehrt. Betrachten wir jetzt die Linie (1) mit der Linie (2) in Verbindung, so wird sichtbar, dass die Linie (1) als Ur-Linie über i und e steht und mit beiden verbunden ist. Als Ur-Linie ist die Linie (1) über beiden, die beiden sind unter ihr.
Die Linie (3) zeigt die zweite Stufe der Ableitung nach innen. Wir sehen, dass es in der Welt der Linie (1), in der zweiten Stufe nach innen, neue Arten von Linien gibt. Auf der Linie i gibt es unendlich viele Linien (a1, b1 usw.). Auf der Linie e gibt es unendlich viele Linien (a2, b2 usw.). Es gibt jedoch auch unendlich viele Linien, die sowohl auf i als auch auf e liegen (a3, b3 usw.). Diese beidseitig begrenzten Linien gehören daher einer neuen Art von Linien an, die bilden die letzte Grenzheitstufe der Linie nach innen. Begrenzter, als auf beiden Seiten begrenzt, kann eine Linie nicht sein.
Alle Arten von beidseitig in di und de
  begrenzten Flächen sind enthalten in/unter der unendlichen Fläche, die
  nach dem Prinzip von 4 Stufen der Begrenzung nach innen begrenzt ist, wie oben 
	abgeleitet. Peter WEIBELs Theorie des Raumes bewegt sich nur im Bereich 
	endlicher Räume und Flächen (begrenzte Plutriversen), ohne dass
  die genaue Ableitung der Räume, Flächen und Linien erkannt wäre. Das Pluriversum
  aller begrenzter Flächen  ist in/unter der einen selben ganzen nach innen 
	unendlichen Fläche enthalten oder die Ganzen Fläche ist in/unter  sich
  Arten von Flächen gemäß den Ableitungen. Oder die eine unendliche Fläche ist
  in sich, in deutlichen Begrenzungsstufen die All-Heit der erwähnten
  Flähen. Das Endliche ist im Unendlichen enthalten, die Begrenzung des
  Endlichen nach innen erfolgt stufenweise.
Das oben erwähnte Raumkonzept WEIBELs
  geht von folgender Evolution aus: Die Auflösung des Raumbegriffes, welcher
  der Kunstgestaltung seit der Renaissance innewohnt, ist im elektronischen
  Zeitalter gleichzeitig:
	Zersplitterung des einheitlichen Raumkonzeptes (Kubismus), Integration des 
	Zeitbegriffes in den Raumbegriff (Futurismus) und in der elektronischen 
	Kunst, Integration unterschiedlicher Raumganzer, räumlicher Einheiten in 
	neuen Synthesen (auch mit Zeit) gemäß dem 3. Abschnitt des II. 
	Hauptlebensalters
WEIBEL
  schreibt: "Die neue Sprache des Raumes ist der Output einer Grammatik,
  die eine unendliche Zahl von Modellen erzeugt, wo die räumlichen und
  zeitlichen Beziehungen veränderbar sind.(...) Im Spiel der räumlichen Codes,
  der spatialen Signifikanten, wo Ein-Richtungs-Gegenstände zu Mehr-Richtungs-Gegenständen
  werden ( z. B. Tisch eine Lampe) erhebt und entfaltet sich das Subjekt im
  entgrenzten, ungemessenen Raum." 
Dieses Raumkonzept, welches erkenntnistheoretisch als ein subjektivistisches Raumkonzept bezeichnet werden kann, zeigt erkenntnistheoretisch den Übergang von einem naiven Empirismus zu einem kritischen Realismus oder gar transzendentalen Idealismus: "Nicht mehr die Objekte sollten den Raum definieren, sondern der Geist, der den Raum und die räumlichen Parameter wie Entfernung und Größe nach Belieben korrigieren und variieren kann." Oder: "HEINZ VON FOERSTER behauptet, dass wir die Wirklichkeit eher konstruieren bzw. erfinden, als dass wir sie entdecken oder finden."
Auch der elektronische Raumbegriff
  WEIBELs bleibt aber:
  a)     
  
  subjektiver
  ,Raumbegriff;
  b)     
  
  das
  "befreite" Subjekt agiert in Partialräumen, Partial-Raum-Codes,
  ohne im Sinne der erkenntnistheoretischen Entwicklung den Or-Om-Code
  (All-Code) des Raumes und der Zeit zu erkennen.
  c)     
  
  Auf
  die geschilderte Weise sind unendlich viele Raumkonzeptionen,
  Gegenstandsformationen möglich, die aber alle über das Unendliche am Endlichen, am Teilhaften, Begrenzten nicht
  hinausgelangen zum Unendlichen, Orheitlichen, in/unter dem sie dann erst die Endlichkeit im Unendlichen und vor
  allem die Unendlichkeit am Endlichen erkennen können. Diese Konzepte WEIBELs
  bleiben daher im 3 Abschnitt des II Hauptlebensalters stecken.
Man kann bildlich sagen, dass das
  Raumkonzept im Universum der geraden Linie nur die Linie (L3) erkennt, dass aber die Linie (L1) und darin die Linie (L2) nicht erkannt
  werden und damit auch die Deduktion von (L1) bis (L3) nicht erkannt
  werden.
Noch
  ein Wort zum Begriff des Pluriversums bei WEIBEL: Nach seiner Ansicht wird von
  dem (feudalen) Ein-Partialraum
  der Renaissance übergegangen zum Pluripartialräumen, aus der Einheitlichkeit
  in die Vielfalt der Partialräume. Nicht erkannt werden aber die weiteren
  Evolutionsstufen, nämlich dass alle diese möglichen Partialwelten,
  Pluriversen in/unter dem unendlichen
  Wesen, Gott, als in ihm gegliederte Partialwelten sind. Hier fehlen vor
  allem die Stufungen des Unendlichen ins
  Endliche. Die Entwicklung wird daher fortschreiten: Von den Pluriversen,
  Partialversen des 3. Abschnittes des II. Hauptlebensalters, welche die
  elektronischen Medien bereits erzeugten, zu den Grunderkenntnissen des III.
  Hauptlebensalters der Allsynthese, wonach alle endlichen, begrenzten
  Pluriversen in/unter Or-Wesen erkannt werden sowie
  räumlich und zeitlich in/unter dem Or-Raum und
  der Or-Zeit.
Alle Arten von beidseitig in de
  begrenzten Linien sind enthalten in/unter der beidseitig in de unendlichen
  Linie (1), die nach dem Prinzip von 2 Stufen der Begrenzung nach innen
  begrenzt wird. Das Pluriversum aller begrenzten Linien ist in/unter Linie (1) enthalten,
  oder Linie (1) ist in sich Arten von Linien (i und e; a1, b1, usw.). Oder: Die Linie 
	(19 ist in
  sich in deutlichen Begrenzungsstufen die All-Heit der erwähnten Linien.
  Das Endliche ist im Unendlichen, logisch gestuft, enthalten.
In der aktuellen Fraktalgeometrie
  werden endliche Linien nach weiteren mathematischen Regeln geteilt, wobei
  Computerprogramme in der Lage sind, solche Linien darzustellen."
  [4]
   Eine Linie kann in N identische Teile geteilt werden, von denen
  jeder im Verhältnis r=l/N zum Gesamten steht. Bei einem selbstähnlichen
  Objekt von N Teilen, die im Verhältnis r zum Ganzen skaliert wurden, ist
  seine fraktale oder Ähnlichkeitsdimension mit D = log(N)/log(l/r)
  gegeben. Z. B. N=4, r=1/3, D= log(4)/log(3) = 1,26. In diesem Fall wird ein
  einfaches Liniensegment gedrittelt und das mittlere Segment wird ersetzt
  durch zwei gleiche Segmente, die Teil eines gleichseitigen Dreiecks sind.
  Auf der nächsten Stufe der Konstruktion wird jedes dieser vier Segmente
  durch vier neue Segmente mit einer Länge von 1/3 ihrer
  Herkunftssegmente aus dem ursprünglichen Muster ersetzt. Dieser
  Vorgang, immer wieder wiederholt, ergibt die wunderschöne KOCHsche
  Kurve. (KOCHKURV.PCX)

Das beweist, dass die Wiederholung einer sehr einfachen Regel scheinbar komplexe Formen mit ganz außergewöhnlichen Eigenschaften ergeben kann. Die Kurve besitzt eine genaue Selbstähnlichkeit. Jeder kleine Teil ergibt durch Vergrößerung ganz exakt einen größeren Teil. Auf jeder Stufe ihrer Konstruktion nimmt die Länge der Kurve mit einem Faktor von 4/3 zu. Eine unendlich lange Linie begrenzt daher eine endlich große Fläche auf der Ebene, ohne sich selbst zu durchkreuzen. (Vgl. die Ableitungen unter 2.2 und 2.3, die in der Fraktalgeometrie bisher nicht berücksichtigt wurden. Die KOCHsche Kurve zeigt, dass eine endliche Linie im Sinne 2.3.3 weiter unendlich teilbar und bestimmbar ist.
   
	Die Zeit ist die Form des stetigen
  Übergehens eines endlichen Zustandes eines Endlichen in den nächsten. So
  kann beispielsweise eine Linie Ä von 3 cm dauernd kürzer, wieder länger
  und wieder kürzer werden, sich stetig ändern in ihrer Ausdehnung; oder
  eine Pflanze keimt, wächst, blüht und verwelkt. Die Form dieses
  Änderns ist die Zeit. Die Zeit kann verglichen werden mit der Linie Y
  unter 2.3. Die Zeit ist nicht endlich sondern unendlich. Sie hat keinen
  Anfang und kein Ende. Sie ist durch den Zeitpunkt f geteilt in die beiden
  unendlichen Teile J (Vergangenheit) und E (Zukunft). Die Zeit ist also erst in
  sich Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Die Zeit ist mit dem Raum insoweit
  vereint, als Endliches, Bestimmtes, Räumliches in sich die Form der Zeit
  hat, insofern es von einen bestimmten Zustand in einen anderen übergeht
  (z. B. eine Fläche A3, die sich dreht, fortbewegt, größer oder kleiner
  wird; eine Katze die gezeugt, geboren wird, wächst und stirbt). Der
  unendliche, unbedingte ganze Raum hat daher die Zeit nur in sich,
  er ist aber selbst nicht in der Zeit. 
   
  
Die obigen Ausführungen über Raum und
  Zeit sind für eine allumfassende Theorie der Formen fundamental. Die Arten
  der Formen von Raum(zeit)gebilden gliedern sich vom Unendlichen zum
  Endlichen in der unter 2. geschilderten Weise. Dies ist die Ur–Grammatik der Formen.
  Die Kunst kann nur ganz endliche Formen in einer den körperlichen Sinnen
  wahrnehmbaren Form darstellen; sie kann hierbei jedoch u. U. mit endlichen
  Formen Unendliches auszudrücken versuchen.
Die
  digitale Kunst erweitert die Möglichkeiten der Darstellung von
  Raum(zeit)gebilden.
Einige Grafikprogramme besitzen eine
  pixelorientierte Funktion zur Erzeugung von schwarz-weißen
  (s/w) oder färbigen patterns (Mustern, Ornamenten). Die Erforschung der
  bisherigen Muster, Ornamente und patterns in der Kunstgeschichte erscheint
  nicht sehr systematisch und gründlich.
  [5]
  
Wir können nur schwer die Frage
  klären, was sich die Künstler dachten, die vor 5.000 Jahren auf die Wand
  einer Kultstätte ein Muster zeichneten. Neben soziologischen,
  historisch-künstlerischen
  Untersuchungen ist auch daran zu erinnern, dass in den Symbolen der
  Geheimlehren (z.B. I Ging, Kabbala) elementare geometrische Formen eine
  Rolle spielten. Wie weit sind solche Hintergründe in der Geschichte des
  Ornamentes wirksam (sakral-esoterische Ornamentik)?
Im Grafikprogramm Paintbrush
  z.B. gibt es eine "Edit pattern"-Funktion, bei der eine Fläche in
  8 x 8 Quadrate geteilt ist. Jedes der 64 Felder kann im S/W-Modus
  schwarz oder weiß sein. Es gibt daher 264 Möglichkeiten die
  Felder mit s/w zu belegen, also 264 verschiedene Ornamente. Das
  folgende Programm von Mag. Helmut AUERNIG ist ein Generator dieser
  Ornamente. Er schreibt:
Ein kurzes Programm in GWBASIC zur
  Erzeugung von 8 x 8-Matrizen, deren
  Elemente nur "0" bzw. "1" sein können, soll eine
  Vorstellung von der Anzahl der Möglichkeiten für die Schwarz-weiß-Muster liefern:
10  
  T1$=DATE$+"  "+TIME$
  100  FOR Z1=0 TO 255
  110     Z=Z1: GOSUB
  2000: Z1$=BM$
  200     FOR Z2=0 TO
  255
  210        Z=Z2:
  GOSUB 2000: Z2$=BM$
  300        FOR
  Z3=0 TO 255
  310          
  Z=Z3: GOSUB 2000: Z3$=BM$
  400          
  FOR Z4=0 TO 255
  410              Z=Z4:
  GOSUB 2000: Z4$=BM$
  500             
  FOR Z5=0 TO 255
  510                
  Z=Z5: GOSUB 2000: Z5$=BM$
  600                
  FOR Z6=0 TO 255
  610                   
  Z=Z6: GOSUB 2000: Z6$=BM$
  700                   
  FOR Z7=0 TO 255
  710            
            Z=Z7: GOSUB
  2000: Z7$=BM$
  800                      
  FOR Z8=0 TO 255
  810                         
  Z=Z8: GOSUB 2000: Z8$=BM$
  900                         
  PRINT
  910                         
  PRINT Z1$
  920                         
  PRINT Z2$
  930                          PRINT
  Z3$
  940                         
  PRINT Z4$
  950                         
  PRINT Z5$
  960                         
  PRINT Z6$
  970                         
  PRINT Z7$
  980                         
  PRINT Z8$
  1000                     
  NEXT Z8
  1100                  
  NEXT Z7
  1200               
  NEXT Z6
  1300            
  NEXT Z5
  1400         
  NEXT Z4
  1500       NEXT
  Z3
  1600    NEXT Z2
  1700 NEXT Z1
  1900 :
  2000 IF Z >= 128 THEN BM$="1"   
  :Z=Z–128
  ELSE BM$="0"
  2100 IF Z >= 64  THEN
  BM$=BM$+"1":Z=Z–64 
  ELSE BM$=BM$+"0"
  2200 IF Z >= 32  THEN
  BM$=BM$+"1":Z=Z–32 
  ELSE BM$=BM$+"0"
  2300 IF Z >= 16  THEN
  BM$=BM$+"1":Z=Z–16 
  ELSE BM$=BM$+"0"
  2400 IF Z >= 8   THEN
  BM$=BM$+"1":Z=Z–8  
  ELSE BM$=BM$+"0"
  2500 IF Z >= 4   THEN
  BM$=BM$+"1":Z=Z–4  
  ELSE BM$=BM$+"0"
  2600 IF Z >= 2   THEN
  BM$=BM$+"1":Z=Z–2  
  ELSE BM$=BM$+"0"
  2700 IF Z  = 1   THEN BM$=BM$+"1"         ELSE
  BM$=BM$+"0"
  2800 RETURN
  2900 :
  3000 T2$=DATE$+"   "+TIME$
  3100 PRINT T1$;"   –  
  ";T2$
   
  
Das obige Programm ist weder elegant
  noch schnell. In 8 Schleifen werden jeweils die Bitmuster einer Zeile durch
  Unterprogrammaufruf (Zeilen 2000 – 2800, zur Ehre von
  BASIC: die steinzeitliche "Parameterübergabe" wäre heute auch
  nicht mehr nötig) erzeugt. Zeile 10 und 3000 geben Startzeit und Endzeit an.
  Dazwischen liegen ca. 82 Jahre Arbeit für einen Basic-Interpreter
  auf einem 33 MHz AT. Streicht man die Bildschirmausgaben, so verkürzt sich
  die Laufzeit auf ca. 2 Jahre, ein Kompilieren des Programms bzw. Ersetzen von
  Berechnungen durch Assemblerroutinen (Bitmanipulationen) bringt sicherlich
  weitere drastische Verkürzungen. Selbst ein Verkürzungsfaktor von einer
  Million brächte aber noch eine Laufzeit von mehr als einer Minute." 
Geht man davon aus, dass Paintbrush die
  Felder auch mit 16 Farben besetzen kann, ergeben sich 1664
  Möglichkeiten von Farbornamenten. In der Kunstgeschichte bisher nicht
  erschlossene Möglichkeiten der Ornamentik werden eröffnet.
( Nehmen wir an, dass die 32
  Schachfiguren 32 verschiedenen Farben entsprechen, die bei der
  Mustererzeugung benutzt werden. Wenn wir nunmehr nur jene Positionen
  berücksichtigen, die nach den Schachregeln sinnvoll sind, erhalten wir alle
  möglichen Positionen, die logisch im Schachspiel möglich sind).
In anderen Grafikprogrammen können
  16x16 Quadrate besetzt werden. Der Reichtum an Elementarformen nimmt zu.
Magische Quadrate sind dadurch
  gekennzeichnet, dass in den Unterquadraten die Zahlen ab 1 bis zur Höhe des
  höchstelligen Quadrates so eingetragen werden, dass die Summen in den
  waagrechten und senkrechten Reihen, sowie in den Diagonalen gleich sind.
  z.B.
4
    9  
  2         
      4   14  
  15     1
  3  5   7              
  9     7    
  6   12
  8 
  1   6   oder  
    5   11  
  10     8
                
           16    
  2     3  
  13
  
   
  
Zeichnen wir hier jeweils die ungeraden
  Zahlen s ein, erhalten wir ein regelmäßiges Muster. In unserem
  Grafikprogramm von 8x8 Pixeln können wir alle magischen Quadrate bis 8 x
  8 darstellen und ihre reichhaltigen mathematischen Eigenschaften
  untersuchen. 
Ein Beispiel für das magische Quadrat
  8 x 8:
 8  
  58  59
     5   
  4  62  63    1
  49  15  14  52  53  11  10  56
  41  23  22  44  45  19  18  48
  32  34  35  29  28  38  39  25
  40  26  27  37  36  30  31  33
  17  47  46  20  21  43  42  24
    9  55  54  12 
  13  51  50  16
  64    2   
  3  61  60 
    6 
    7  57
   
  
Versuche hier die ungeraden Zahlen s zu
  zeichnen. Du erhältst ein regelmäßiges Muster, eines in den 264,
  die wir oben besprochen haben. Es besteht daher auch ein mathematischer
  Zusammenhang zwischen Regelmäßigkeit und bestimmten
  Zahlenverhältnissen, zwischen Schönheit und mathematischen
  Maßverhältnissen. Oder: Jedes der 264 Muster hat ganz
  bestimmte mathematisch-ästhetische
  Eigenschaften. 
Die
  beiden Muster all.1 und all.2 sind gegliedert wie der Raum, die Fläche (2.2)
  oder die Linie (2.3) in sich, aber eben mit ganz endlichen Flächen. (ALL12.PCX)

eq.1 und eq.2 sind an der senkrechten
  Mittelachse gespiegelt. (EQ12.PCX)

Invsv. 1 sind
  invertiert/seitenverkehrt. (INSV1.PCX)
  Die unterste Zeile ist die invertierte der obersten und so nach innen. 

Reg.1 ist um die Mittelachse
  regelmäßig. (REGIRREG.PCX)

In All.3 sind die Muster harmonisch
  gegliedert. In All.3.1 sind die "Charaktere" der Muster sichtbar. J
  ist "selbstheitlich", E " ganzheitlich", A vereinigt die
  Gegensätze der beiden. U schließlich ist "neutral" und hat
  "Ähnlichkeit" mit dem Muster beim magischen Quadrat 8x8, wenn man
  die ungeraden oder geraden Zahlen s oder w bezeichnet. (ALLGLIED.PCX,
  MUSTERA.PCX)


   
  
   
  
Grafikprogramme
  können bekanntlich patterns, wie sie nach 4.1 erstellt werden, benutzen, um
  begrenzte Felder damit zu füllen, aber auch um mit diesem pattern
  selbst Linien zu zeichnen. In dem folgenden Bildern werden solche
  patterns in Paintbrush (8 x 8) in beiden Funktionen benutzt. Die Bilder
  gehen, so wie wir es in den Untersuchungen des Raumes zeigten, vom
  Unendlichen ins Endliche. Aus Platzgründen können nur wenige Bilder
  beigeschlossen werden. Bereits in diesem relativ beschränkten
  Grafikprogramm kann eine Vielzahl von Konzepten und Formen der bisherigen
  Kunstentwicklung integriert in einen neuen Gesamtzusammenhang gebracht
  werden. Mit Farbe sind die Möglichkeiten unvergleichlich größer und
  schließlich ist zu bedenken, dass diese Bilder digital reproduziert auf
  großen Monitor-Wänden
  ausgestellt werden sollten, um voll wirken zu können. Selbstverständlich
  können solche Bilder zu Videofilmen usw. über pixelweise
  Mutationsprogramme fortgesetzt werden, womit die Zeitdimension
  hinzutritt. Weitere Möglichkeiten liegen in Verfahren wie "Cyber-Space".
Die folgende deduktive Bilderserie wird zuerst als Animation mit 4 Sekunden pro Bild abgespielt. Im folgenden sind die einzelnen Bilder auch einzeln aufgeführt.
Animation

Einzelbilder

OR-OM0.PCX

OR-OM1.PCX

OR-OM2.PCX

OR-OM7.PCX

OR-OM12.PCX

OR-OM24.PCX

OR-OM27.PCX

OR-OM30.PCX

OR-OM34.PCX

OR-OM35.PCX

OR-OM53.PCX

OR-OM541.PCX

OR-OM65.PCX

OR-OM70.PCX

OR-OM78.PCX

OR-OM80.PCX

OR-OM81.PCX

OR-OM891.PCX

OR-OM106.PCX

OR-OM107.PCX

OR-OM108.PCX

   
  
   
  
| 
         
  | 
    
| 
         OR-OM85.PCX  | 
    
| 
         
  | 
    
| 
         OR-OM121.PCX  | 
    
| 
         
  | 
    
| 
         OR-OM122.PCX  | 
    
| 
         
  | 
    
| 
         OR-OM123.PCX  | 
    
| 
         
  | 
    
| 
         OR-OM130.PCX  | 
    
| 
         
  | 
    
| 
         OR-OM131.PCX  | 
    
| 
         
  | 
    
| 
         OR-OM133.PCX  | 
    
| 
         
  | 
    
| 
         OR-OM134.PCX  | 
    
| 
         
  | 
    
| 
         OR-OM135.PCX  | 
    
| 
         
  | 
    
| 
         OR-OM136.PCX  | 
    
| 
         
  | 
    
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         OR-OM137.PCX  | 
    
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         OR-OM138.PCX  | 
    
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         OR-OM140.PCX  | 
    
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         OR-OM142.PCX  | 
    
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         OR-OM143.PCX  | 
    
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         OR-OM145.PCX  | 
    
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         OR-OM146.PCX  | 
    
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         OR-OM147.PCX  | 
    
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         OR-OM148.PCX  | 
    
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         OR-OM149.PCX  | 
    
   
  
  
  
  
[1] In seinem richtungsweisenden Buch "Understandig Media". "Die magischen Kanäle. Fischer, 1970.
[2] Diese für die gesamte weitere Zukunft grundsätzliche Kunsttheorie, ihr Verhältnis vor allem zur Kunstentwicklung seit 1910 und Anregungen zur Weiterbildung enthält mein Buch: "Die Vollendete Kunst". Böhlau 1991.
[3] Ars Electronica 1986 und "Inszenierte Kunstgeschichte" 1990.
[4] Fraktale Zufallsfälschungen: Vom Gebirge zur Musik. R. F. VOSS: Katalog Steirischer Herbst 14.X. – 19.XI.1989.
    [5]
     Wichtige Untersuchungen sind etwa: Leonardo da VINCI: Codex
    Atlanticus; 
    Jones OWEN: Grammar of Ornaments. 1856;
    Otto Antonia GRAF: Otto Wagner III. Die Einheit der Kunst.
    Weltgeschichte der Grundformen. Böhlau 1990.