Was kann nach der Postmoderne kommen?  

Hans Greimer

  Einleitung - Die eine Vernunft und die vielen Rationalitäten

  Unter diesem Titel fassen die Autoren APEL und KETTNER eine Reihe von Ansätzen über moderne Vernunftkonzepte zusammen.

  Eine Systematisierung der Vernunftbegriffe in der Moderne (FULDA/HORSTMANN) bringt es auf 33 verschiedene Ansätze.

  Wurde der Begriff der Vernunft einst von der Aufklärung mit dem Annahmen menschenwürdiger Verhältnisse und Befreiung aus Unmündigkeit verbunden, wird heute, offensichtlich nach den schweren gesellschaftlichen Erschütterungen durch die Weltkriege, mit Vernunft eher Bevormundung, Gefühllosigkeit, Einförmigkeit, totalisierende Unterdrückung assoziiert. Mit der Kritik der Irrationalität einer verselbständigten „instrumentellen“ Vernunft (HORKHEIMER/ADORNO) wurde die Vernunfttradition im Zeichen einer „radikalen Vernunftkritik“ als ganzes für einen Irrweg erklärt.

  Betrachtet man die Tendenzen der in der Sammlung aufgeführten Vernunftkonzepte im Überblick, so bemerkt man die durch die historischen Erfahrungen gezähmten und modesten Vorgaben, Anspruchsniveaus und Funktionen, die man einem revidierten Vernunftsbegriff zumuten will. KETTNER meint daher, dass heute nur ein "bornierter Vernunftabsolutismus relativiert würde den loszuwerden kein Übel sei.“

  Wir möchten im folgenden eine Vielzahl von Problemen zusammenfassen, denen sich alle jene Vernunftkonzepte gegenübersehen, die der Vernunft nach wie vor eine „einheitsstiftende Funktion“ in der Administration der auseinandergetretenen Rationalitätsformen zumessen wollen. Die in diesen Konzepten selbst nicht lösbaren Probleme  erblicken wir:

  a) einerseits in der mangelhaften Fundier-  und Legitimierbarkeit (Autorisierung) derselben jeweils durch sich selbst; sie sind ja die „höchste Grundlage“ ihrer selbst und müssen sich daher der von WELSCH geforderten selbstreferentiellen Konsistenz stellen und

  b) in der hochgradigen Mangelhaftigkeit dieser Ansätze bei der Lösung der empirisch-pragmatischen gesellschaftlichen Probleme in den einzelnen Staaten (Sozial- mit Untersystemen)  sowie in den zunehmenden Spannungen im Weltsystem. (In diesem Bereich mangelt es auch nicht an Versuchen, sich den „pragmatischen Prozessen“ (WILL) mit praxisbezogenen Ansätzen zu nähern, um die „Verfehlung des Konkreten“ (GERT) in der traditionellen  Vernunftkritik auszugleichen.

  Man könnte daher sagen, die „einheitsstiftenden“ abstrakteren Versuche bleiben vorsichtig, sich oft nur auf formale  Strukturen der Vernunft beschränkend; die „Blutleere“ dieser Ansätze provoziert jedoch  ausgleichende pragmatistische Modelle. Ein Vereinheitlichung der beiden Strömungen steht noch aus.

  Wir werden versuchen, durch die Einführung eines praxisbezogenen Gesellschaftsmodells eine Konfrontation zweier „einheitsstiftender“ Vernunftkonzepte mit den pragmatischen Problemen einer „Systemrationalität“ im Konflikt mit Partial-Rationalitäten von Untersystemen, Schichten usw. anzudeuten.

  Abschließend werden Hinweise auf die Möglichkeit gegeben, die  derzeit diskreditierte Konzeption der Vernunft in Parametern einer unendlichen und unbedingten Vernunft eines transpersonalen und transgesellschaftlichen Grundwesens neu zu begründen. Die künftige planetare Akzeptanz eines solchen Ansatzes hängt sicherlich von jeweils persönlicher und gesellschaftlicher Prüfung derselben  ab. Die Anregung wird jedoch gegeben, weil dieser Vernunftkonzeption eben alle jene Mängel nicht anhaften, die zur historischen Diskreditierung einer Begründung der Vernünftigkeit in einem unendlichen und unbedingten Grundwesen  bisher führten. Schließlich ist sie in der Lage, die heutige Vielfalt der geschilderten Vernunftkonzepte in sich „friedlich“ zu vereinigen.

  1. Die transversale Vernunft (WELSCH)

  1.1. Totalitäre Ästhetik - Das Moderne Erhabene

  Im folgenden werden längere Zitate der Übersichtlichkeit halber in einer anderen Schriftart gesetzt.

`1. Ästhetik transformiert sich zu einer generellen, gerade auch wirklichkeitsbezogenen Disziplin, die der Beachtung von Heterogenität dient....Eine Ästhetik, welche der Dynamik des Erhabenen gemäß, die Schranke der Kunst überschreitet, wird hinsichtlich der ganzen Realität zu einem Sensorium für Grunddifferenzen und zu einer Instanz, die dem Heterogenen Gerechtigkeit widerfahren läßt. Angesichts einer Wirklichkeit, deren Pluralität heute durch massive Uniformierungstendenzen bedroht ist, wächst die Relevanz und Dringlichkeit einer solchen Ästhetik. Das gegenwärtig zu beobachtende Interesse an ihr - wobei bezeichnenderweise nicht kunstbezogene Reflexionen, sondern Erschließungsleistungen ästhetischen Denkens für Wirklichkeitsphänomene im Vordergrund stehen - hat zweifelsohne damit zu tun.

2. Diese Veränderung ist zugleich mit einem Übergang von der traditionellen Ästhetik zu einer neuen Aisthetik verbunden. Wahrnehmung wird vordringlich und grundlegend. Das rührt daher, dass die Heterogenität (von Lebensformen, Handlungsweisen, Wissenstypen usw.) nicht deduziert werden kann, sondern zuallererst wahrgenommen werden muss. Eine Ästhetik, die sich im Zeichen des Erhabenen kunstimmanent dem Heterogenen zuwandte, führt in ihrem Wirklichkeitsbezug zu einer Aisthetik, die auf den pluralen Charakter und die einschneidenden Differenzen im Realen achtet.

3. Eine solche Aisthetik schließt eine Anästhetik ein. Sie richtet ihr Augenmerk auf die Ausschlüsse, die mit jedem Wahrnehmen verbunden sind. Wahrnehmung inmitten von Herterogenität ist wahrhaftig gar nicht anders möglich, denn als Mitwahrnehmung und Beachtung von Ausschlüssen. Sie verlangt eine spezifische Aufmerksamkeit auf die Blindheit des Wahrnehmens selbst, auf die immanente Anästhetik jeder Ästhetik. Eine solcherart um anästhetische Aspekte erweiterte Ästhetik ist also zugleich wahrnehmungskritisch und selbstkritisch. In alledem löst sie noch einmal einen gewichtigen Zug des Erhabenen ein. Schon bei Lyotard wurde ja ein Zusammenhang von Erhabenem und Anästhetik deutlich: dem Nicht-Darstellbaren  - einem konstitutiv Anästhetischen - konnte sich nur eine Ästhetik zuwenden, die Anästhetisches zu thematisieren vermag. Dies gilt es - im Anschluß auch an Adorno - weiter zu entfalten: Als Wahrnehmung der Brüche zwischen den einzelnen Sinngebilden, als Bewußtsein ihrer Unübersetzbarkeit ineinander und als Aufmerksamkeit auf die Verzerrungen, die auf der Kehrseite eines jeden Sinns lauern. Eine solche anästhetisch sensibilisierte Ästhetik führt darüber hinaus die für Adorno so wichtige Kritik an blinder Herrschaft fort. Denn sie opponiert dem intern herrschaftlichen Charakter von Wahrnehmung - allerdings nicht, indem sie solche Herrschaftlichkeit negiert oder verwirft, sondern indem sie durch die Beachtung der grundlegenden Spezifität und Beschränkung allen Wahrnehmens die damit gesetzte Blindheit ins Licht rückt und so im Maß des Möglichen relativiert.

Unter Punkt 4 nimmt WELSCH zur Standardeinwendung Stellung, hier solle die Ästhetik über den Bereich der Kunst hinaus Bedeutung zugesprochen werden, ja sie würde zu einem ästhetisch-politischen Totalitarismus führen. "Als realgeschichtliches Beispiel steht dabei das Menetekel "Ästhetisierung der Politik=Faschismus" vor Augen. Gerade daran würden die Gefahren einer Ästhetik des Erhabenen offenkundig, denn in welchem Zeichen vollzog sich die Ästhetisierung der Politik, wenn nicht im Zeichen des Erhabenen?

`Katastrophen sollten Nachdenklichkeit auslösen, nicht das Differenzierungsvermögen außer Kraft setzen. Offenbar kann sich die geschilderte Befürchtung nur gegen das traditionelle Erhabene richten, während die anhand von Adorno verfolgte Deklination des Erhabenen gerade ein Gegengift gegen solche Totalisierung bildet. Zumal gilt das von einer Ästhetik der mittlerweile skizzierten Art, von einer um Aisthetik und Anästhetik erweiterten Ästhetik. Wenn deren Grundinteresse darauf zielt, dem Heterogenen Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, und wenn sie ihre ganze Aufmerksamkeit darauf richtet, Grunddifferenzen, Ausschlüsse und Unübersetzbarkeiten wahrzunehmen und zu verteidigen, dann stellt sie offenbar ein kritisches Gegenpotential gegen solche Totalisierung dar. Gerade sie verteidigt das Verschiedene und gebietet allen Übergriffen Einhalt.

Daher ist eine "Ästhetisierung der Politik" aus ihrem Duktus nicht zu befürchten, sondern wird in ihrem Horizont gerade bekämpfbar. Eine solche Ästhetik führt nicht zu einer Politik der großen Integration, sondern zu einer Politik, die für die heterogenen Ziele, wie sie in den diversen Lebensformen, Handlungsweisen und Wissensarten verkörpert sind, sensibel ist und ihnen im Maße des Möglichen zur Entwicklung verhilft. Sie arbeitet einer Politik nicht der Totatlisierung , sondern der Inkommensurabilität zu. Daher ist die Ästhetik von der hier die Rede ist, auch allergisch gegen die Tendenz zum Gesamtkunstwerk, und das nicht bloß binnenästhetisch, sondern ebenso transästhetisch, also gerade auch hinsichtlich des "politischen Gesamtkunstwerks", wie es in der Tat die faschistische "Ästhetisierung der Politik" charakterisierte.

Eine Ästhetik, die das Erhabene im gekennzeichneten Sinn beerbt, tritt der Verschmelzung von Wirklichkeitssphären entgegen." Im weiteren nimmt WELSCH Bezug auf die Ästhetik Marinettis, die von Benjamin kritisiert wurde. "Marinetti treibt eine ästhetische Faszination mitsamt deren Verselbständigung und Totalisierung auf die Spitze;  alles Entgegenstehende, noch jede natürliche oder ethische Regung wird davon überschwemmt. Aber das folgt eben nicht bloß in terminologischer, sondern in ideologischer Konsequenz der Großversöhnungslogik des Schönen - nicht der Sprenglogik des Erhabenen. ....

Die moderne Ästhetik des Erhabenen hat mit diesen Apsirationen gebrochen. Sie hat von ihrer ganzen Konstitution her eine Sperre gegen derlei Totalisierungen eingebaut, sowohl gegen die "schöne" wie gegen jede andere Totalisierung. Ihr kritisches Auge richtet sich gegen den Bombast des Ganzen, ihr fürsorgliches Interesse gilt der Diversität des Widerstreitenden. Sie ist ein Anwalt der Eigenständigkeit aller Wirklichkeitssphären- sowohl der ästhetischen Sphäre als solcher wie auch der anderen ihr gegenüber. Sie mahnt Differenzen zu beachten und den Unversöhnlichkeiten sich zu stellen. Einer Ästhetik dieser Art sollte man nicht mit dem Argwohn erneuter ästhetischer Totalisierung begegnen; man hätte vielmehr Anlaß, ihre Widerstandskraft gegen all solche - schleichende oder manifeste, alltägliche oder traumatische - Integration und Hyperversöhnung anzuerkennen.

5. Schließlich tendiert eine solche Konzeption von Ästhetik - und auch das führt einen Zug von Adornos Denken weiter - zu einer Position, die man durch die Formel "Ästhetik als Erste Philosophie" kennzeichnen könnte. Diese heikle Aussage ist erläuterunsbedürftig. Dabei ist zugleich zu erklären, in welch spezifischem und legitimem Sinn eine deratige Ästhetik ein Anwalt des Ganzen zu sein vermöchte. Im Sinne der Totalisierung kommt ihr eine solche Funktion - das sollte klar geworden sein - gewiß nicht zu. Auf anderer Ebene und in neuer Weise aber ist ihr ein Bezug aufs Ganze sehr wohl eigen. Insofern nämlich, als diese Ästhetik genau jene Struktur exponiert und vertritt, die das Ganze als eine Pluralität heterogener Gebilde vor Augen bringt und von dem man heute sagen kann, dass sie weithin das Weltbild unserer Zeit bestimmt. Denn schier allenthalben ist unser Denken dazu übergegangen, die Idee eines letzten Fundaments zu verabschieden und statt dessen eine originäre Vielzahl wirklicher und möglicher Welten, Sinngestalten und Lebensformen anzuerkennen und als Basisbeschreibung zu vertreten. Dies reicht von philosophischen Heroen wie Heidegger und Wittgenstein über Ansätze bei Derrida und Goodman oder Putman und Rorty bis hin zu detaillierten Analysen bei FOUCAULT und Feyerabend.

Diese Weltsicht, die unsere neueren Erfahrungen und Verständigungsweisen bestimmt, und in diesem Sinn als eine Erste Philosophie unserer Zeit gelten kann ( wenn man mit diesem Terminus nicht seine theologischen Lasten, sondern seinen philosophisch-formalen Sinn verbindet: den einer Explikation der grundlegendsten Verstehens- und Denkformen), ist in besonderer Weise der Ästhetik zu eigen und vertraut....So gesehen ist unser Grundbild von Welt primär ästhetisch konturiert. Daher vermag eine Ästhetik, die diese Grundstruktur exponiert, für das Ganze zu sprechen. Sie tut dies freilich so, dass sie zur Achtung und Wahrung der Pluralität anhält - gegen jegliche Totalisierung. Darin tritt sie noch einmal insgesamt für das ein, was Adorno im besonderen als Interesse des Erhabenen identifiziert hatte: Gerechtigkeit gegenüber dem Heterogenen.

Die Ästhetik des Erhabenen hat, indem sie in die Poren unseres Bewusstseinsdrang, und die Erste Philosophie unserer Zeit mitprägte, zu einer kritischen und offenen Weltsicht geführt- gegen jeglichen Monumentalismus und Substantialismus, wie er ehedem mit der Kategorie des Erhabenen verbunden war. Das überkommene Erhabene verfiel in der Tat der Lächerlichkeit; das moderne hat sich von seinen alten Lasten befreit.`

1.1.1. Kritische Bemerkungen

  Das moderne Erhabene im Sinne dieser Theorie erweist sich als erhaben im traditionellen Sinne. Es stellt eine überzeitliche, jeglicher Änderung durch andere Ästhetiken entzogene These und Grundstruktur über

1) das Verhältnis des Differenten, Heterogenen, Inkommensurablen  zum Ganzen und

2) das Verhältnis des Differenten zu sich selbst dar.

Ein wirklich Modernes Erhabenes müsste sich selbst den Forderungen seiner selbst unterziehen und sich selbst 

neben alle anderen, bisherigen und in Zukunft noch möglichen Ästhetiken stellen, und sich selbst als ein Differentes, ein Gebilde in der Pluralität des Ganzen erkennen, müsste sich selbst jeglichen überzeitlichen, über jeder möglichen Entwicklung stehenden Meta-Charakter absprechen, dürfte sich nicht selbst gerade als das exponieren, was es bekämpft, als ein letztes Fundament. Es dürfte sich selbst nur als eines vielleicht unendlich vieler möglicher  Gebilde (Fundamente) in einer originären Vielzahl anderer bereits bisher historisch wirklicher, verwirklichter aber auch möglicher Ästhetiken erfassen, und dementsprechend die Forderung seiner selbst auf sich selbst anwenden, um dem Vorwurf zu entgehen, selbst wiederum ein traditionell Erhabenes zu setzen und zu sein.

Ein wirklich Modernes - Erhabenes im Sinne der Forderung müsste mit sich selbst viel kritischer und strenger umgehen, denn so, wie es konzipiert ist, ist es in doppelter Hinsicht selbst totalitär. Zum einen agiert es selbst wieder mit Ausschluss, Verdrängung, indem es das traditionell Erhabene, alle Ästhetiken, die es hervorbrachte, ausklammert, und die künftige Möglichkeit eines "anderen Erhabenen" nämlich eines Erhabenen, das substantiell von einem absoluten, unendlichen Ganzen und Einen ausgeht, in dem erst deduktiv alles Viele, Unterschiedene, Differente, und Heterogene aller Sphären, usw. erkannt wird, grundsätzlich ausschließt, dagegen selbst eine Art Blindheit fordert, oder besitzt.

  Gebilde heterogener Pluralität einer originären Vielfalt sein. Es darf nur ein Vielfältiges neben vielen anderen Vielfältigen sein, es darf nur ein originäres Glied, ein originäres Gebilde bei einer originären Vielzahl sein, seine Ganzheit darf nur die Ganzheit eines der Vielfältigen sein, seine Fundamentalität darf nur die Fundamentalität eines der vielen Originären in der Vielzahl sein.

Es dürfte nur ein Gebilde in der Struktur des Ganzen sein. Es darf nur das Ganze eines originär Differenten, Heterogenen sein. Wäre es das Ganze des Ganzen aller originären Vielzahlen, aller heterogenen Gebilde der Pluralität, so würde es sogleich übergehen in das traditionelle Erhabene, das es bekämpft, es wäre inadäquat herrschaftsstiftend Totalisierendes. Ist also das Moderne Erhabene Ganzes nur eines der Differenten in der originären Vielzahl, stünde es neben allen anderen Ästhetiken, die es in der Geschichte bisher gab und die es je geben wird, auch neben den von ihm bekämpften, dann hätte der Kampf dagegen keine Berechtigung, dürfte letztlich nicht geführt werden.

Ist aber das Moderne Erhabene das "Ganze des Ganzen" also aller heterogenen Gebilde in der originären Vielzahl, so wäre es ein Erstes über, jenseits der originären Vielzahl heterogener Gebilde, es wäre also originärer und primärer  als die originäre Vielzahl, womit aber die Originärität der Vielzahl nicht mehr bestünde, sondern in einer Relation zur Originärität des Ganzen des Ganzen stünde. Damit aber würde das Ganze des Ganzen zu einem traditionellen Erhabenen, zu einer Einheit über der Vielheit, einem Ganzen jenseits der Teile, es gäbe dann also einen Ursprung über der Vielheit, eine Einheit über der Vielheit, die aber die Vielheit nicht nur formal bestimmt und bedingt, sondern sie auch inhaltlich determiniert ( womöglich als solche erst über ihre Konzeptualität konstituiert).

Alles dies aber sind Charakteristika des vom Modernen Erhabenen kritisierten traditionellen Erhabenen, welches somit wieder eingeführt und postuliert wäre. Es bleibt also bereits hier die Frage: Wie ist das Ganze des Modern - Erhabenen Ganzes?

Was schließlich das von WELSCH skizzierte Moderne Erhabene betrifft, so ist zu den obigen Problemen u.a. auch noch folgendes hinzuzufügen:

1. Die Begriffe "Ganzheit", "Heterogenität", "Differenz", "Grunddifferenz", "Pluralität", "originäre Vielzahl", "Ausschluss", "Einschluss", "Brüche zwischen den Sinngebilden", "Struktur", "Grundstruktur" "Inkommensurabilität", usw. implizieren und postulieren eine Theorie eines Ganzen und einer originären Vielzahl. Diese Theorie ist sinnvoll nicht aufrechtzuerhalten ohne eine Totalisierung aller heterogen erkannten Gebilde des Ganzen als einer Pluralität, von der die Theorie selbst aber auf jeden Fall ausgeschlossen werden muss, um "bestehen zu können". Wird sie nämlich auf sich selbst angewendet, verliert sie jede Anwendungszulässigkeit auf die originäre Vielzahl, deren Teil sie selbst würde. Die Theorie muss daher selbst die gewaltsam einheitsstiftende, totalisierend herrschaftliche Funktion besitzen, die am traditionelle Erhabene abgelehnt wird.

Sagt nicht diese Theorie für alles Differente, wie man mit ihm umzugehen hat? Sagt es nicht auch, wie und in welcher Form Wirklichkeitssphären verschmolzen werden dürfen und müssen?

Wir begegnen hier einem Mangel, der vielen epistemologischer Thesen anhaftet: etwa auch dem zirkulären Werden bei HEGEL, dem hermeneutischen Zirkel, der Eliminierung des Allgemeinbegriffs in der Spätphilosophie Wittgensteins, Approximationsthesen an die Wahrheit, den Diskurstheoremen bei FOUCAULT, dem Kohärenzpostulat sowie den Grundlagen einer kommunikationstheoretisch begründeten pragmatischen Wahrheitstheorie, und einer kommunikationstheoretisch begründeten Universalität der Rationalität bei HABERMAS.

Allen diesen Thesen ist gemeinsam, dass sie eine letzte Grundlage, ein letztes Fundament, leugnen, sich selbst jedoch als ein solches allgemeingültiges, jeglicher zeitlichen, geschichtlichen oder sozialen Relativität entzogenes Fundament exponieren. Würden sie konsequent, was sie von allen anderen Theoremen und Epistemen behauten, auch auf sich selbst anwenden, wozu sie bei genügender Redlichkeit verpflichtet wären, so würden sie in das Werden, die Relativität, Zeitlichkeit, in den Wandeln usw. hineingezogen, dem sie alle anderen Episteme unterwerfen. Sie fordern für sich selbst ohne sachliche Begründung, ohne Substantialität, letzte unveränderbare Grundlage, letztes un-relatives (absolutes) Fundament zu sein, und gerieren damit selbst als das, was sie am meisten zu eliminieren versuchen: als Erhabenes im traditionellen Sinne, als sachlich Fundamentales.

WELSCH hat in seinem späteren Werk: "Vernunft. Die zeitgenössische Vernunftkritik und das Konzept der transversalen Vernunft". 1995 eben diese Probleme der selbstreferentiellen Konsistenz sehr ehrlich und konsequent aufgegriffen, in einer Schärfe, die bei HABERMAS etwa nicht zu finden ist. Wir gehen unter ..auf diese neuen, verfeinerten Überlegungen gesondert ein.

2. Tatsächlich erweist sich dieses Moderne Erhabene nur als eine von vielen bisherigen Theorien über das Verhältnis des Ganzen zu Teilen, des Einen zum Vielen. Die These, dass es kein letztes Fundament gäbe, sondern eine originäre Vielzahl von Welten bestünde, daher auch die Erkenntnisstruktur dieser originären Pluralität adäquat sein müsse, ist zweifelsohne nur eine Variante der bisher in der Geschichte der Philosophie entwickelten Episteme. Übersehen wird dabei aber bereits, dass die These selbst nicht selbst Heterogenes, Differentes, Inkommensurables zu einem anderen, zu vielen anderen sein darf und kann, sondern selbst von sich fordert:

Einheitliches, Ganzes des Ganzen, Unwandelbares, Unveränderbares und damit Totalisierendes zu sein. Totalisierung hieße ja in etwa Verganzheitlichung usw.

Ist nicht dieses Moderne Erhabene im Sinne seiner eigenen Erkenntnistheorie nur wieder ein einzelnes Sinngebilde, behaftet mit Verzerrung, die auf der Kehrseite eines jeden Sinns lauern. Oder ist dieses Moderne Erhabene nicht ein einzelner Sinn, sondern der einzige GANZE SINN, dessen erkenntnistheoretische Berechtigung aber eben von diesem Modernen Erhabenen geleugnet wird? Wie kann sich dieses Moderne Erhabene selbst unbegrenzten Sinn zugestehen, wo es doch nur einzelne Sinngebilde zulässt, die notwendig Verzerrungen besitzen und auch partial blind sind? Ist dieses Moderne Erhabene allseitig, alldurchdringend sehend, ohne jegliche Blindheit?

Wenn allerdings WELSCH meint, dass dieses Paradigma des Modernen Erhabenen "weithin das Weltbild unserer Zeit bestimmt" so gilt dies nur in begrenztem Maß für die Staaten Mitteleuropas, nicht mehr für Nordamerika und Japan und sicher nicht für die Staaten der Dritten und Vierten Welt. Auch in den Industriestaaten konkurriert das postmoderne Paradigma mit anderen Ansätzen.( Vgl. unten....).

1.2. Umsetzung in die pragmatische Ebene („Verfehlung des Konkreten“)

Wir wollen nun einige ernste pragmatische Probleme aufzeigen, welche dem Postulat des modernen Erhabenen anhaften, dessen Grundinteresse darauf abzielt, dem Heterogenen Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, Grunddifferenzen, Ausschlüsse und Unübersetzbarkeiten wahrzunehmen und zu verteidigen, das kritisches Gegenpotential gegen Totalisierungen darzustellen, welches der Verschmelzung von Wirklichkeitssphären entgegentritt, als ein Anwalt der Eigenständigkeit aller Wirklichkeitssphären, welcher sich den Unversöhnlichkeiten stellt. Zu vertreten ist die Vorstellung einer Struktur, die das Ganze als eine Pluralität heterogener Gebilde vor Augen bringt.

In meinem Aufsatz "Problems of the Concept of Evolution Demonstrated in Kinship and Social Change among Migrant Workers in den Wiener  Beiträgen zur Ethnologie und Anthropologie Vol.5 (1989) wird stufenweise die typische postmoderne Problemsituation expliziert:

 

1.2.1.1.Sozialsystem1

 

Ein integrativer Ansatz funktionalistischer und konflikttheoretisch-dialektischer (marxistischer) und postmoderner Positionen mag etwa das folgende  Faktorenmodell der Gesellschaft (als eines Ganzen von Heterogenem) ergeben (FIGUR 1 in http://or-om.org/Migrationsprobleme.htm ),welches nur für hochindustrialisierte Länder Anwendung finden kann und selbst einem bestimmten Punkte der Wissenschaftsentwicklung entspricht:

 

a) Ebenen, a.a Religion-Kultur-Technologie-Wissenschaft-Kunst (K)

a.b Sprache-Kommunikation (S), a.c Wirtschaft (W), a.d Politik-Recht-Ethik (P);

b) Schichtaufbau;

c)Individualebene;
c.a Minoritäten, c.b Subkulturen;

d) natürliche Umwelt;

e) Gegensatzdimension, e.a innerpsychische Gegensätzlichkeit mit psychologischen und rollentheoretischen Ansätzen, e.b soziale Gegensätzlichkeiten; f) Zeitdimension. (Vgl. genaue Explizierung in PFLEGERL, 1977).

 

 

Da es sich um ein bestimmtes System im Bereich der Industriestaaten handelt, wollen wir dieses als

 

Sozialsystem1

 

bezeichnen, das in seinen soziologischen Eigenheiten als grünes System gelten soll. (Die Metapher von der Grünheit des Systems ist natürlich bereits wiederum eine starke Simplifizierung des Differenten, weil in der Grünheit Schattierungen bestehen können, aber das Differente <Andere> des systemdifferenten Grünen (Eigenen) im System selbst sich als Einsprenkelungen anderer Farben darstellt, worauf hier noch gar nicht eingegangen wird).

 

Es wäre naiv, die Probleme nicht zu sehen, die hier bereits entstehen:

 

* Unsere Sätze bis hierher gehören einmal vorerst dem

Sozialsystem1 an, haben daher grüne Färbung, sind nicht systeminvariant, gehören dem Eigenen Grünen an, dem Different-Grünen.

 

* Wenn auch das Modell des Sozialsystems1 in der Lage ist, alle Begriffe aufzunehmen, die im Sozialsystem1 jemals gebildet werden sollten, (darin sind natürlich auch alle Begriffe und Ansätze der Postmoderne enthalten, neben allen anderen Epistemen der Rationalität),so haftet ihnen doch  Subjektivität und Intersubjektivität bezogen auf das grüne System an.

 

* Die reflexiven Leistungen (Selbstthematisierungen), welche von der Systemtheorie vorausgesetzt werden (vgl. etwa HABERMAS, Theorie des kommunikativen Handelns, oder das hier dargelegte Modell der Postmoderne einer Struktur, die das Ganze als eine inkommensurable Pluralität erfasst, oder das weiter unten benütze Modell der Ordnung der Ordnungen nach Waldenfels), unterliegen hinsichtlich ihrer Begrifflichkeit einer System-Immanenz und Systemvermitteltheit bezüglich des Sozialsystems1. Damit bleibt auch die postmoderne Systemtheorie durch ihre Sozialsystem1-Immanenz und Sozialsystem1-Vermitteltheit in ihren Reflexionsleistungen an die Systembedingtheiten des Sozialsystems1 gebunden. Es ergibt sich bildhaft die Frage, inwieweit reflexive Selbstthematisierungen der Systemtheorie die Grünheit ihrer eigenen Sozialsystem1-Immanenz und -Vermitteltheit abschütteln könnten.


Wir benehmen uns - kurz - in unseren Reflexionen über die eigene Gesellschaft bereits immer so, als könnten wir sie unabhängig von unserer eigenen Grünheit betrachten, über sie grün-unabhängige Aussagen machen, Meta-Aussagen, die farblos, unabhängig von jeglicher Evolution unseres eigenen Systems, ja aller Systeme wären  Wir haben dies oben auch für die Postmoderne nachgezeichnet. Auch sie erhebt sich über die eigene Implikationen in eine Farblosigkeit, die sie nicht rechtfertigen kann und sie in Traditionell-Erhabenes zurückbringt, das sie bekämpft. Auch sie repliziert "transzendentale Gewalt" nach Waldenfels. Obwohl wir so denken, hat diese Art des Denkens derzeit noch keinerlei wissenschaftlich gesicherte Grundlage.

Wir halten fest: Die Aussagen über das
Sozialsystem1 durch einen Vertreter des Systems ( auch WELSCH, Lyotard, Waldenfels usw.) besitzen keinerlei theoretisch gesicherte Grundlage jenseits der Grünheit des Systems.

 

1.2.1.2. Sozialsystem1 und Sozialsystem 2

Die theoretischen Grundlagen der wissenschaftlichen Forschung werden zusätzlich diffuser und unsicherer, wenn wir Aussagen über zwei Systeme treffen wollen, was in den verschiedensten Wissenschaftsdisziplinen, aber auch in der politischen Praxis geschieht und letztlich auch in der Postmoderne geschehen muss. (vgl. Waldenfels Begriffe von Egozentrik, Logozentrik und Ethnozentrik).

FIGUR 2  zeigt in vorläufig naiver Weise die Gegenüberstellung zweier Sozialsysteme. DasSozialsystem 2 sei bestimmt durch vom grünen Sozialsystem1 erheblich abweichende Determinanten. Wir nennen es daher lila und bezeichnen es als

Sozialsystem 2

 

Das lila System stelle etwa ein Entwicklungsland dar.

 

Zwei färbige Systeme,, die Weltbilder zweier unterschiedlich gefärbter Systeme, können weder mit den Begriffen eines der beiden Systeme noch mit denen eines dritten, anders gefärbten, Systems adäquat aufeinander bezogen werden (Problem der Transformationsadäquanz von Begriffen). Die Probleme unter 1.1. machen deutlich, dass durch die Sozialsystem1-Immanenz - Vermitteltheit  (Sozialsystem 2-Immanenz und-Vermitteltheit) der Begriffe in Sozialsystem1 und Sozialsystem 2 eine Übertragung in andere Systeme inadäquat ist.

In einem Gleichnis kann dies folgend veranschaulicht werden:


Sozialsystem1 seien die technischen Konstruktionspläne eines PKWs
und
Sozialsystem 2 die Pläne eines von Pferden gezogenen Wagens. Man kann einen PKW mit den Konstruktionsbegriffen eines Pferdewagens beschreiben oder umgekehrt den Pferdewagen mit den Begriffen eines PKW. Offensichtlich werden aber beide Beschreibungen inadäquat sein. Zu prüfen  ist weiterhin, ob der Beschreibende des PKW nur die Pläne des  Sozialsystems1 kennt, oder beide und umgekehrt, ob der Beschreibende der Pferdekutsche nur die Pläne Sozialsystem 2 kennt oder beide.


Hier wird neuerlich deutlich, dass unsere auf diesem Blatt geschriebenen Sätze selbst, um sinnvoll sein zu können, einem System ohne
Sozialsystem1-Immanenz usw. angehören müssen, wobei das Problem des infiniten Regresses der Reflexions- und Sprachstufen wiederum auftritt. Subjekte aus Sozialsystem1/Sozialsystem 2 benützen bei der Betrachtung (Forschung) von Sozialsystem 2/ Sozialsystem1 die mit jeweiliger Systemimmanenz und -Vermitteltheit behafteten, gefärbten Begriffe (Brillen) und können daher durch diese Begriffsverzerrung (Farb- und Glasverzerrung), das Sozialsystem 2/ Sozialsystem1 nur mangelhaft erkennen, woraus sich eine durch die jeweilige System-Immanenz und -Vermitteltheit bedingte Inadäquanz(farblos) der Erkenntnis ergibt.

Unsere hiesigen Aussagen (z.B. auch alle Überlegungen Waldenfels` und anderer postmoderner Philosophen), welche das Problem des (europäischen) Ethnozentrismus behandeln), befinden sich zweifelsohne auf einer Über-Ebene, Meta-Ebene M1. Es ergibt sich:

Metaebene

 

 

Sozialsystem1               Sozialsystem 2

           

                                          grün                             rot

Wir sprechen in der Metaebene und treffen darin Aussagen, die aber in keiner Weise formal oder inhaltlich wissenschaftlich oder erkenntnistheoretisch gesichert sind.

 

Ähnliche Probleme gibt es bereits in den weniger komplexen Systemen der Mathematik. "Es gibt unter der Vorraussetzung der formalen Widerspruchsfreiheit des Systems keinen Widerspruchsfreiheitsbeweis, der mit den im System selbst formulierten Methoden erbracht werden könnte". "Ganz allgemein zwingt TH7 den Mathematiker, bei seinen auf ein formales System gerichteten Untersuchungen solchen Methoden Vertrauen zu schenken, die im System selbst nicht formalisiert sind." ( Unvollständigkeit und Unentscheidbarkeit. Die metamathematischen Resultate von Gödel, Church, Kleene, Rosser und ihr erkenntnistheoretische Bedeutung. Stegmüller, Wien 1959).

 

Die Nichtbeachtung dieser wissenschaftlichen Situation und aller damit verbundenen ethnozentrischen Erkenntnisverzerrungen ist eine empirische Tatsache. Die zunehmenden kommunikativen Verschränkungen im Weltsystem aktualisieren die Problemstellung. Die Frage nach der Begründungsmöglichkeit eines farblosen Bezugssystems, welches unabhängig von der Evolution aller Systeme im Weltsystem Grundlage der Systembetrachtung sein kann, wird an Dringlichkeit zunehmen.

Dass die hier behandelten Vernunftkonzepte der Postmoderne ein solches farbloses Bezugssystem nicht sein können, ergibt sich, abgesehen vom bisher Gesagten, auch daraus, dass sie  auf Grund ihrer eigenen Grundannahmen solche Grundlagen ausschließen aber umgekehrt so gerieren, als könnten sie selbst diese Funktion übernehmen.

 

Nun könnte die Konzepte einwenden, gerade in ihrem Ansätzen würde ja diese Heterogenität, diese Inkommensurabilität und Unübersetzbarkeit der Partialgefüge und -Ordnungen mit Deutlichkeit akzentuiert, dies sei doch eines ihrer wichtigsten Anliegen. Dies wird auch unsererseits anerkannt.

 

 Unsere Kritik richtet sich jedoch gegen zwei Grundannahmen der „einheitsstiftenden“ Vernunftkonzepte der Postmoderne:

 

a) dass ihre eigenen Grundannahmen entgegen ihren eigenen Postulaten eine Gültigkeit jenseits aller Partialordnungen und -Systeme besitzen müssten, also farblos oder weiß wären, was selbst wieder totalisierende Gewalt darstellt;

 

b) dass sie ohne Rechtfertigung behaupten, die Grenzen ihren eignen Grundannahmen seien die letzten des menschlichen Erkenntnisvermögens, die epistemische Gewinnung eines ersten oder letzten transsubjektiven und transsozialen unendlichen und unbedingten, ganzen Sachgrundes, der natürlich die einzige Basis sytemunahängiger Grundannahmen über Partialordnungen sein könnte, sei ausgeschlossen, wobei sie sich hierbei ähnlich wie HABERMAS u.a. auf die Entwicklung der europäischen Tradition seit der Aufklärung beziehen.


1.2.1.3. Weltsystem


Wenn wir auch nur in oberflächlicher Weise versuchen, Systemtypen im Weltsystem aufzustellen, treten die Probleme unter 1.2 in potenzierter Form auf.

Die theoretischen Vorbehalte unter 1.2. gelten sinngemäß.

Unsere hiesigen Aussagen befinden sich zweifelsohne auf einer neuen Meta-Ebene. Es ergibt sich:

 

                                  

2.Metaebene

                    

 

                               Sozialsystem1                        Sozialsystem 2

 

 

                                                      Sozialsystem3

 

 

Auch hier gilt, dass diese Aussagen in keiner Weise formal oder inhaltlich wissenschaftlich oder erkenntnistheoretisch gesichert sind.


Unsere Forschungsergebnisse bei Eingeborenenstämmen, die ökonomischen Theorien eines amerikanischen Bankiers hinsichtlich der Inflation in einem Entwicklungsland, die Evolutionsthesen der sozialistischen Länder, die Gegensätze zwischen mythologischen und rational-wissenschaftlichen Weltbildparadigmen in der New-Age-Bewegung, die islamische These von der Evolution der Religionssysteme, die reaktiven Entwürfe religiös-nationaler Identitätsstrategien in den Entwicklungsländern, der Cargo-Kult, die Sätze von LEVI-STRAUSS über den Mythos der Mythologie in der Einleitung zu "Mythologica I", die Theorie des Ganzen als einer originären Pluralität heterogener Gebilde bei WELSCH, die Überlegungen Waldenfels' über Eigenes und Fremdes, sie alle sind betroffen von der erwähnten Problematik, besitzen eigentlich keine theoretische Begründung.

 

1.2.1.4. Internationales Schichtungssystem


Das Weltsystem, ähnlich wie einen Einzelstaat, als ein in sich geschichtetes System zu betrachten, wird in verschiedener Weise in der Forschung versucht (Heinz, Senghaas, Russert, Lagos).

 

Die Analogie ist infolge der unterschiedlich hohen Integrationsgrade im Weltsystem in ökonomischer, politischer, sprachlicher und kultureller Hinsicht mit Vorsicht anzuwenden. Andererseits ist nur über ein solches Modell, welches ähnlich unserem Raummodell in FIGUR 1 aufgebaut werden müsste, die Möglichkeit gegeben, die Unterdrückung im Weltsystem sichtbar zu machen. Die Weltbilder im Gesamtsystem sind daher durch die Vielzahl inadäquater sozialer Fixierungen  gesellschaftlicher Gruppen und ganzer Völker miteinander verbunden. Den Begriff "inadäquat" müsste man hier wiederum farblos verstehen.

 

1.2.2. Pragmatischer Bezug auf das postmoderne Modell nach WELSCH

 

 Das Heterogene, Differente erscheint in unserer Darstellung des grünen Systems als das Differente, Heterogene aller Ebenen einzeln und in Verbindung, aller Schichten, aller individuellen Weltbilder von Männern und Frauen, Minoritäten und Subkulturen, das Differente und Heterogene der natürlichen Umwelt, das Differente aller Differenz- und Spannungsgebilde aller Subjekte im System und aller sozialen Gruppierungen inklusive aller Theorien über die Differenz, das Heterogene, wovon natürlich die Postmoderne nur eine unter heute sehr vielen ( z.B. psychologischen Ansätzen, wovon es allein über 700 gibt, rollentheoretischen Vorstellungen usw.) bildet und schließlich das Differente, Heterogene, welches sich durch die zeitliche "Veränderung" ergibt. Es wäre Änderung des Differenten, Heterogenen alles bisher dargelegten Differenten einzeln und in allen Wirkungen des vielheitlichen Differenten aufeinander. (Zeit könnte man verstehen als Form des allaugenblicklichen Überganges des Ganzen des heterogen Differenten zu einem neuen heterogen Differenten?).

Das Differente ist aber allein im grünen System noch viel heterogener und differenter, da jedes Einzelne, das wir bisher mit den differenten Faktoren erkannten in jedem Einzelnen als weiteres Differentes zur Bestimmung des Einzelnen hinzutritt. Beispielsweise wäre die subjektive Identität jedes Menschen im System bestimmt durch eine Vielzahl an Differentem in Rahmen des Differenten im System.

Der Gedanke :" Die Beziehung zu meiner Mutter hat sich als allmählicher ambivalenter Ablösungsprozess dargestellt, der aber durch den Umstand, dass meine Mutter mich in einer die Persönlichkeitsentwicklung stark behindernden Weise in erheblicher psychischer Abhängigkeit zu sich hielt, entscheidend erschwert wird", einer Frau in der Mittelschichte in einer Kleinstadt des Systems ist Differentes, bestimmt durch alle 6 Faktoren des Differenten, die wir in der Differenzierung bisher erwähnten. Durch die Ebenen, die Position in der Schichte, durch die Situation ihrer Individualität als Frau, durch die natürliche Situation ihres Körpers und ihrer Umwelt, die innerpsychischen Konfliktpotentiale in der Familie, die Konfliktpotentiale in der Gesamtgesellschaft (darunter auch alle Theorien der Emanzipationsbewegungen der Frau, durch ihre Position im Lebenszyklus, usw.).

Ist unsere Darstellung des Differenten im Sinne der Postulate der Postmoderne differenziert genug?

Unsere Probleme werden noch viel schwieriger, wenn wir zum grünen System ein zweites, etwa lila System eines Entwicklungslandes hinzunehmen, in welchen ganz andere Bedingungen hinsichtlich der Ebenen, der Schichtung, der Individualpsyche, der Stellung der Minoritäten und Subkulturen, der Natur und der psychischen und sozialen Gegensätze und Differenzen gelten. Wir müssen in unserer postmodernen Theorie einer Struktur, die das Ganze als eine Pluralität heterogener Gebilde auffasst, jetzt schon alle grünen und lila Systemvermitteltheiten und Systemimmanenzen überschreiten, um dieses Ganze zu erkennen. Ja, wir müssen wiederum feststellen, dass die Theorie der Postmoderne überhaupt nicht in der Lage sein kann, so systeminvariant zu sein, dass sie in der Lage wäre, all das grün Differente, grün Heterogene, das Eigenegrün und Anderegrün, sowie das Eigenelila und das Anderelila, all das lila Differente und lila Heterogene und alle Überschneidungen, die zwischen diesen beiden Arten des Differenten und Heterogenen bestehen, "adäquat" in einem Ganzen zu erkennen. Es müsste ja ein farbloses Ganzes sein, und der Begriff "adäquat" könnte doch auch nur dann sinnvoll sein, wenn man von einer farblosen Meta-Ebene aus, alles

                        grün       

                        lila      

                        lila-grün   Differente und Heterogene

                        grün-lila

erkennen könnte.

Wir müssen feststellten, dass die Theorie der Postmoderne bei der pragmatischen Anwendung in Sozial- oder Sinnsystemen, d.h. in Systemen und Strukturen, wo mehrere Weltbilder als Differentes und Heterogenes real zusammen existieren, überhaupt nicht die Rolle eines Anwaltes spielen kann, der von Systemimmanenz und Systemvermitteltheit so weit frei (farblos) ist, dass er dieser Aufgabe gewachsen sein könnte. Wir haben kein Recht, dieser Theorie solche Qualitäten zuzuerkennen. Sie kann aus ihren eigenen Implikationen und Grundmaximen heraus, diese Universalität überhaupt nicht in Anspruch nehmen.

. Die postmoderne Forderung:

`dem Heterogenen Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, Grunddifferenzen, Ausschlüsse und Unübersetzbarkeiten wahrzunehmen und zu verteidigen, das kritisches Gegenpotential gegen Totalisierungen darzustellen, welches der Verschmelzung von Wirklichkeitssphären entgegentritt, als ein Anwalt der Eigenständigkeit aller Wirklichkeitssphären, welcher sich den Unversöhnlichkeiten stellt, zu fungieren.und die Vorstellung einer Struktur zu vertreten, die das Ganze als eine Pluralität heterogener Gebilde vor Augen bringt`

ist im Lichte der Frage zu sehen, inwieweit das Heterogene, Differente aller Weltbilder, aller Mitglieder dieses Systems tatsächlich nach diesem Postulat behandelt werden darf. Zwei Probleme gibt es vordringlich.

In welchem Verhältnis stehen die Weltbilder der Menschen der hohen und niederen Schichten zueinander und wieweit muss dieses Differente als Heterogenes erhalten und verteidigt werden? Während in grünen Systemen der Industrieländern etwa in den Weltbildern aller politischen Parteien eine relative Homogenität des Demokratieverständnisses und der Haltung zu den Menschenrechten als Grundlage enthalten ist, stehen sich in den lila Systemen der Entwicklungsländer politische Weltbilder des militanten Rechts- und Linksextremismus gegenüber, und enthalten die Weltbilder der Parteiprofile u.U. äußerst bedenkliche Haltungen zu demokratischen Spielregeln und der Behandlung der Menschrechte. Wie weit darf man extremistischen und fundamentalistischen Parteiprofilen als Heterogenem und Differentem in einem Ganzen, selbst im Rahmen der Kriterien der Inkommensurabilität und Unübersetzbarkeit Gerechtigkeit widerfahren lassen. Wie ist bei Zunahme des Differenten und Heterogenen im Ganzen ohne "integrative Beiträge" aller Gebilde im Ganzen selbst irgend eine (Mindest?)-Stabilität aller im Ganzen derzeit vorhandenen heterogenen Gebilde möglich? Was sind die  inhaltlichen Grundlagen dieser Mindestintegration? Ist nicht das Postulat einer Verteidigung des Differenten u.U. die Perpetuierung sozialer Ungerechtigkeit, Unterdrückung und inadäquater Fixierung ganzer Schichten des Systems? Will die Postmoderne das Differente in seiner jetzigen Form im Ganzen erhalten? Oder will es auch das Differente eines Systems vor 100 Jahren als solches erhalten? Soll das Differente, Heterogene so bleiben wie es jetzt ist? Kann nicht dieses Postulat von jedem wissenschaftlichen, künstlerischen oder politischen Ansatz im System für sich moniert werden, gegen alle anderen als dem anderen Differenten? Wie weit darf neues Heterogenes, Differentes, das es überhaupt nach "Form und Inhalt"  im System noch nie gegeben hat, hinzukommen? Führt die praktische Anwendung des Postulates zu inhaltlicher Indifferenz. Da das postmoderne Postulat selbst nur eines von vielen im System ist, welches die Beziehungen eines Ganzen zu seinen heterogenen Gebilden in sich regelt, wie muss es selbst mit allen anderen Postulaten umgehen, die sich als Erste Philosophie im traditionellen oder modernen Sinne verstehen, und welche die Beziehung zwischen Ganzen und Vielheiten der Gebilde anders regeln, unübersetzbar, inkommensurabel zur Postmoderne stehen? Sind die in den grünen Staaten entwickelten Thesen der Demokratie oder der Menschenrechte selbst ein Differentes und Heterogenes, das in allen Systemen und Ordnungen als Differentes eingeführt werden soll? Ist es etwa ein Differentes, das selbst durch ein anderes Differentes ersetzt werden könnte oder müsste. Sind diese Thesen schon das letzte Wort an inhaltlichen Kriterien der Universalität?

Was bedeutet der Grundsatz Lyotards, dass Pluralität und Heterogenität der Richtungen, Ismen und Ansätze essentiell und unüberschreitbar ist und zwischen den Gestaltungen nicht etwa Verbindbarkeit sondern Bruch: Unvergleichbarkeit und Inkommensurabilität herrschen, dass es keinen Generalnenner aller Gestaltungen, keine Generalkriterien gibt für das Differente in einem lila System? Ja im Sinne einer Ästhetik als Widerstandskonzeption wäre politische Emanzipation in dem Sinne angesagt, dass die normativen Implikationen dieses Konzeptes erst zu entfalten und gegen Verstöße zu schützen und zu verteidigen wären gegen den allgegenwärtigen Trend zur Einschleifung, Unterdrückung, Uniformierung des Differenten. Es ginge um Anerkennung des Differenten, Verbot von Übergriffen, Aufdeckung impliziter Überherrschung, Widerstand gegen strukturelle Vereinheitlichung, Befähigung zu Übergängen ohne Gleichmacherei. Statt die Gesellschaft zu einem harmonischen Ganzen zu fügen, statt der schönen Sozietät müsste eine Assoziierung des Differenten in seiner unüberschreitbaren Pluralität geleistet werden, die mit Ganzheit nicht mehr paktieren dürfte, da sie den Ganzheitswunsch als gefährlich durchschaut hat. Eine solche Politik verfolgte nicht Versöhnung, sondern erkennt den Widerstreit an.

Es besteht bei einer pragmatischen Betrachtung der Systemzustände des Sozialsystems 2 und seines lila Differenten kein Zweifel daran, dass eine solche Maxime in einem solchen System gerade das nicht leisten könnte, was sie erreichen will. Die Inkommensurabilität, Unversöhnbarkeit, Unübersetzbarkeit der realisierten Weltbildentwürfe und Sozialkonzepte besitzt dort Grade, die in grünen Systemen, wo das Postulat als systemimmanent erstellt wurde, nicht vorstellbar sind. Die Durchdringung der lila Systeme mit grünen Sinnhorizonten, Weltbildern, Wissensformen usw. stellt eine zusätzliche Erhöhung der Inkommensurabilität des Differenten dar. Die lila Systeme sind wesentlich mehr von den postmodernen Kriterien geprägt, ohne je eine Moderne besessen zu haben. Die lila Systeme leiden eher unter der ständigen Destabilisierung des Ganzen infolge der ständigen Zunahme der Unversöhnbarkeit und Inkommensurabilität des partial Differenten, wobei die Unübersetzbarkeit und Unversöhnbarkeit bestimmter Partialordnungen - ganz im Sinne der Forderungen- der Postmoderne noch forciert wird.

Die Moderne und Postmoderne der Systeme der Entwicklungsländer besteht darin, dass sie in einem höheren Ausmaß, als es sich die Postmoderne vorstellen kann, durch Prozesse des Dissenses heterogen Differenten gekennzeichnet sind, die bei praktischer Anwendung der postmodernen Postulate Systemzustände ergäben, die sicherlich nicht mehr den Intentionen der postmodernen Vernunftkonzepte  entsprächen.

WELSCH schreibt:" Lyotards Konzeption des Widerstreits führt also zugleich zu einer Ästhetik und Politik des Widerstandes. in einer Situation der Pluralität besteht stets die Gefahr, dass ein bestimmtes Modell auf den Bereich eines anderen überzugreifen beansprucht und dass durch solche Totalisierung Unrecht geschieht". Wie kann das postmoderne Erhabene nicht sehen, dass es eben selbst als Modell versucht, auf alle anderen Sinnhorizonte, Episteme, Weltbildformationen, Lebensformen, Systemstrukturen überzugreifen, und ihnen durch solche Totalisierung Unrecht anzutun?  Welche entscheidenden Sinnfragen, Existenzprobleme, Evolutionsperspektiven bleiben in diesem Modell ausgespart oder  werden einer formalistischen Kategorialität des Verhältnisses des Ganzen zum Pluralen unterstellt? Zeigt nicht bereits die Unangemessenheit des Postulates in den lila Systemen der Entwicklungsländer ausreichend seine grüne Systemimmanenz?

1.3. Die transversale Vernunft

1.3.1. Das Vernunftkonzept bei WELSCH und APEL

In seinem Aufsatz: Sprache - Widerstreit - Vernunft. Darstellung und Kritik von Lyotards Konzept der Post“moderne“, entwickelt WELSCH, ausgehend von einer Kritik der Lyotardschen These von der Absolutheit und Inkommensurabilität der Satz-Regelsysteme und Diskursarten unter Hinweis auf Verschränkungen und Korrespondenzen zwischen den Rationalitätsfeldern und den entsprechenden Diskursarten eine eigene These der Rationalität.

 `So ist es zwar richtig, dass ethische Ansprüche anderer Art sind als kognitive, aber zu ihrer verantwortlichen Einlösung kann es doch kognitiver Momente bedürfen. Und ästhetische Stimmigkeit ist zwar nur ästhetisch zu definieren, stellt aber innerhalb des Ästhtischen eine Art ethische Komponente dar. Und zuletzt ist in jedem, auch im kognitiven Urteil ein ästhetisches Moment nicht nur wirksam, sondern unerlässlich`.

`Lyotard "überpointiert die Heterogenität und unterblendet die Dimension der Verflechtungen und Übergänge". Übergänge seien etwas anders als Überblicke. "Diese Unterscheidung hält von der Vernunft, die ich meine, das Missverständnis ihrer als einer Art Super-Verstand fern. Vernunft ist auf Totalität zwar bezogen, aber nur in der Weise des Übergangs und der Überschreitung. Ich denke nicht an HEGELsche Totalsynthesen, sondern an die schlichte, aber auch unverzichtbare Funktion konkreter, punktueller, dabei aber immer partial bleibender Übergänge, Absetzungen, Vergleiche und Verflechtungen zwischen Rationalitätskonfigurationen." WELSCH erkennt dann ganz richtig, dass alles was Lyotard beschreibt ohne Funktionen solcher Vernunft gar nicht faßbar sei. "Das kann nicht eine dieser Diskursarten leisten, sondern nur ein Vermögen, das beide Logiken vergleichen und in ihrer Heterogenität sich vor Augen bringen kann. Und nur ein solches Vermögen - das Lyotard allenthalben in Anspruch nimmt, aber nicht recht wahrhaben will - garantiert die Praxis, die er nahe bringen möchte. Nur Vernunft die auf beides bezogen ist, leistet die Anspruchsbegrenzung der beiden Diskursarten, die diesen als bloß Verständigen nicht in den Sinn kommt." "Die Bezeugung des Widerstreits, die Lyotard fordert, ist nur als Praxis solcher Vernunft denkbar." Diese Vernunft fungiert dabei nicht als Gegengift gegen Heterogenität, sondern als Medium der Explikation von Heterogenität und Übergang, Differenz und Identität. Obwohl WELSCH bedenkt, dass im Lager strikter Postmodernisten die Vernunft verpönt erscheint, schreibt er: " Denn der letzteren kann keiner sich entziehen, auch nicht derjenige, der nur noch von Differenzen reden wollte, denn ohne einen Einheitshorizont könnte er das gar nicht tun." "Abzulehnen ist gewiss die totalisierende Vernunft, die einen substantiellen und erfüllenden Begriff des Ganzen geben zu können glaubt und sich dabei doch in Widerspruch von beanspruchter Totalität und faktischer Partikularität verfängt. Die von mir ins Spiel gebrachte Konzeption "transversaler Vernunft" ist davon ersichtlich verschieden.`

Wir haben bereits oben zu zeigen versucht, dass auch dieses Vernunftkonzept selbst gerade die Ansprüche erheben muss, die es an traditionellen Vernunftkonzepten, die auch wir für mangelhaft halten, kritisiert. Sie wird selbst zu totalisierender Vernunft und auch sie löst die Probleme nur mangelhaft, die im Widerstreit von beanspruchter Totalität und faktischer Partikularität auftreten.

Das WELSCHe Vernunftkonzept trägt, wie er sagt, "dem Umstand Rechnung, dass Vernunft komplexer geworden ist, als man sie zu verstehen gewohnt war. Man muss heute mit einer offenen Vielzahl von Rationalitätsformen rechnen, muss dieser sich stellen." Eine Phänomenologie der pluralen Vernunft wäre geboten.

Dieser Ansatz, ist, wie wir bereits vorne zeigten, durch eine Art Minimal-Einheit der transversalen Vernunft charakterisiert, die sich aber als wesentlich stärker einheitsstiftend erweist, als WELSCH selbst dies anerkennt. Wir selbst sprechen schon seit längerem von der Entwicklung von Partial-Rationalitäten in den grünen Sozialsystemen1, die über eine Systemtheorie selbst nur sehr mangelhaft verbunden erscheinen.

Es gibt aber nicht nur eine Vielzahl von Rationalitätsformen in den grünen Sozialsystemen, sondern auch eine Vielzahl von Vernunftkonzepten, von denen das WELSCH`sche wiederum nur eines ist. Wir nennen es im folgenden Vernunftkonzept 1.

Wir stellen es in Gegensatz zur Theorie der unbegrenzten Kommunikationsgemeinschaft, die wir unter 3.3.3. kurz behandeln.

Wir sind nun, um die Gedanken WELSCH fortzusetzen, offensichtlich in der Lage, sein eigenes Vernunftkonzept 1  mit jenem bei APEL in Beziehung zu bringen in einem neuen Vernunftkonzept 3, welches bereits eine Meta-Ebene zu den beiden bedeuten muss, aber wiederum neue Funktionen der Vernunft einsetzt, die auch noch im Sinne der transversalen Vernunft zulässig sein muss. Es ist offensichtlich, dass wir auch in der Vernunftdiskussion in einen infiniten Regress geraten, der den WELSCH`schen Ansatz überschreitet.

Auch darf der WELSCHsche Ansatz im Sinne seiner eignen Intentionen nur eine der Rationalitätsformen neben anderen sein. Die pragmatische Dimension der Rationalitätsdiskussion in den heutigen  Sozialsystemen führt also zu spezifischen Problemen, die über das WELSCH`sche Konzept auf einen weißen oder farblosen Bereich hinausweisen.

Ein Wort auch noch zu einer Überlegung von WELSCH, wonach er meint, dass sich die Situation nur derart darstelle, wenn man solch "französische" Heterogenität und Diskontinuität anfänglich und absolut unterstelle.

In der europäischen Philosophietradition findet sich immer noch die Überlegung dieser gegenseitigen "nationalen" Zurechnungen, die zweifelsohne ihre historischen Wurzeln hat. Ist es aber nicht bedenklich, derartigen "geistigen Provinzialismus" weiterhin aufrechtzuerhalten? Ist nicht auch hier ein Versuch geboten, diese divergierenden Vernunfttraditionen reflexiv zu überwinden? Soll sich das menschliche Denken immer nach nationalen Schattierungen, Eigentümlichkeiten, gar „völkischen“ Eigenheiten richten müssen, oder wäre es nicht erforderlich, ähnlich wie in den Bereichen der „reinen Mathematik“, die leider auch noch nicht frei von Unreinheiten ist, ein universales menschliches Vernunftkonzept zu suchen.

1.3.2. Die selbstreferentielle Konsistenz und die „reine Vernunft“

WELSCH hat neuerdings in seinem Werk über die transversale Vernunft 1995 auf Seite 916 f. in überzeugender und begrüßenswerter Weise auf die Probleme der Selbstwidersprüchlichkeit des Pluralitätskonzeptes hingewiesen. Die Frage, ob selbstreferentielle Konsistenz der Aussagen zu fordern ist, oder ob diese als Forderung nicht einzulösen sei, thematisiert er am Gegensatz: D`ALAMBERT/RUSSEL. WELSCH kritisiert zu Recht die bei RUSSEL nicht fundierte Hierarchisierung des Wirklichkeitsaufbaus. "Menge aller Mengen" sei Totalität, diese sei nicht Gegenstand, sondern Idee. Eine Idee kann nicht Gegenstand sein. Totalität genieße einen "idealen Sonderstatus". ( Wie allerdings dieser Sonderstatus begründbar, im Pluralitätskonzept begründbar sein sollte, wird nicht dargelegt).

WELSCH betont, dass man sich der Selbstreferentialität konsequent stellen müsse, was viele Denker nicht unbedingt beachteten.

Für seine Konzeption behauptet er, dass sie keine andere eliminiere, sie erhebe keine Ausschließlichkeitsansprüche und sie sei für den Dialog mit anderen Konzeptionen offen.

Dem scheint aber bereits folgende Passage zu widersprechen:

"Transversale Vernunft bezeichnet die Grundform von Vernunft überhaupt. Das Konzept der transversalen Vernunft ist nicht bloß ein spezifisches Konzept, sondern rekurriert auf die Grundform von Vernunft überhaupt, bringt diese zur Geltung. Es mag sein, dass transversale Vernunft nicht die ganze Vernunft ist, aber sie scheint allenthalben deren grundlegender Modus zu sein. " (S 916).

In einem neueren Aufsatz :“Vernunft und Übergang“ (1996) arbeitet WELSCH noch präziser heraus, dass sein Vernunftkonzept keine Metaordnung erlasse.

`Um diese traditionelle Erwartung zu erfüllen, müsste Vernunft nicht nur ein überlegenes Vermögen sein, sondern zudem über Prinzipien verfügen, welche die Dekretierung einer Meta-Ordnung erlaubten. Das ist jedoch nicht der Fall. Vernunft besitzt solche Prinzipien nicht. ..Vernunft ist vielmehr strikt als reine Vernunft (Hervorhebung des Autors) zu verstehen, und das bedeutet: sie besitzt keine inhaltlichen sondern ausschließlich formale Prinzipien (die logischen Prinzipien).`

Mit dieser scharfen Trennung von formalen und inhaltlichen Elementen im Vernunftsdiskurs tauchen natürlich die gesamten Probleme der Vernunftkritik KANT`s und des frühen WITTGENSTEIN wieder auf. Wie sind die für die Verwaltung aller Rationalitätsformen im Rahmen der transversalen Vernunft konstitutiven formalen Prinzipien selbst fundiert? Woher könnten gerade sie die Legitimation erhalten, gerade so, wie sie bei WELSCH definiert sind, auch als formale Prinzipien die All-Verwaltung aller Rationalitätsformen zu übernehmen, die universale Richterin zu sein? Daneben entsteht natürlich das schwierige Zusatzproblem, dass auch formale Prinzipien selbst einen Inhalt haben, dessen Fundierung überhaupt nicht erfolgt.

Die Grundform hat selbst keine über die anderen Vernunftkonzepte hinausgehenden, "besser“ fundierten Kriterien, sich als elementare Grundform, als eine nicht-spezifische zu konstituieren, um als konstitutive Vernunft-Grundform eingesetzt werden zu können, selbst wenn sie als „reine“ nur formale Prinzipien enthielte. Auch widerspricht die Vorstellung der "Grundform" und ihrer Elementarität den Behauptungen, dass die transversale Vernunft selbst nicht verabsolutierend sei, sich nur neben alle anderen stelle, offen sei usw.

WELSCH führt weiter aus, seine Aussagen eröffneten Diskussionsangebote an andere Konzepte, nicht-pluralistische Ansätze würden aufgefordert, zu erklären, wie sie eine Absolutbegründung unter faktischer Pluralität generell sich vorstellen. (S.925). Bis zum Erweis des Gegenteils nehme er aber an, dass eine solche Begründung nicht möglich sei.

WELSCH erkennt wie wir die Metagestik JEDER Vernunftkonzeption gegenüber allen anderen, betont auch sehr feinsinnig, dass man sie aber doch nach der ART zu unterscheiden hätte, wie sie sich auf andere beziehen. (S.930). Das Verhalten sei entweder verdrängend, eliminierend oder anerkennend oder eben gleichgültig. "Die Art, wie sie ihren metakonzeptionellen Bezug anlegen, unterscheidet sie voneinander (S.930). Auch das Pluralitätskonzept habe nur eine SPEZIFISCHE Bezugsart auf die anderen Konzeptionen und keine uinversell-neutrale.

Hier scheint sich WELSCH zu widersprechen, weil er vorne meint, die von ihm ausgemachte Fähigkeit der Vernunft: Unterschiedliches in den Blick zu nehmen, zwischen Divergierendem überzugehen, seine Charakteristik vergleichend zu beurteilen und Relationen des Unterschiedlichen insgesamt zutreffend zu bestimmen, sei nicht als Funktion einer der beteiligten Konzeptionen sondern als Leistung eines ihnen gegenüber reinen und spezifisch für solche Übergangspositionen kompetenten Vermögens zu verstehen. Eine solche REINE Fähigkeit löst seine transversale Vernunft aber aus allen anderen Vernunftkonzepten eben heraus und gibt ihr eine universell neutrale Position, welche er als "elementarste Potenz der Vernunft" und das Medium

ALL

ihrer Operationen bezeichnet (S 915).Operationen bezeichnet (S. 915).

Seine spezifische Bezugsart dürfe nur dahingehend geprüft werden, ob sie mit ihren konzeptionellen Prinzipien übereinstimme (S.931). Der Pluralitätsansatz verlangt die Zulassung, Anerkennung und Beförderung auch anderer Konzeptionen. Es gäbe aber Auflagen.  (Vielheitsbeachtung, Spezifitätsbewusstsein, Alternativanerkennung und Grenzbeachtung).

Ähnlich dem Prinzip moderner Demokratie ginge es um Pluralitätssicherung unter Dissensbedingungen. ( Hier erweist sich wohl, dass dieses Vernunftkonzept in der Nachhut der Evolution der Vernunft steht und nicht deren utopische Vorhut bildet).

Es könnten daher nur solche Positionen unverändert akzeptabel sein, denen das Prinzip und die Möglichkeit der Anerkennung von Alternativen eingebaut sei.

Das Pluralitätskonzept übersieht aber, dass es mit allen anderen Vernunftkonzepten in der Pluralität nur genau NEBEN allen anderen stehen dürfte, auch wenn es sich als transversale Vernunft auf formale Prinzipien beschränkt, und dass es vor allem für jeden ein Leichtes ist, wie wir schon oben zeigten, eine noch darüber gelagerte Metafähigkeit jeder Vernunft anzunehmen.

Die Vernunft kann alle Vernunftkonzepte 1 usw. transzendieren und in einer Meta-Sicht auf alle blicken, was den infiniten Regress in die Betrachtung bringt. Das Pluralitätskonzept ist, wie wir sahen, von WELSCH nicht als ein Ansatz konzipiert, der sich durch den Kontakt mit anderen grundsätzlich in Frage stellen könnte oder wollte, wenn WELSCH auch andeutet, dass das Ergebnis der Diskussion mit entgegengesetzten Konzeptionen nicht vorweggenommen werden könnte: WELSCH meint aber, dass die Diskussion einzig mittels transversaler Vernunft und in ihr als Medium erfolgen könne. Transversale Vernunft wird also strukturell das Medium sein müssen, in dem das Pluralitätskonzept , zusammen mit den anderen Konzeptionen auf dem Prüfstand steht. Sein Konzept genieße daher eine Auszeichnung, zwar nicht das Pluralitätskonzept als solches, wohl aber hinsichtlich des mit ihm verbundenen Konzeptes der transversalen Vernunft.

 

"Der Ausgang des Streites ist offen, das Vollzugsmedium nicht" S. 933.

 

Spätestens hier ist die Paradoxie wieder vollzogen. Die fundamentalistische Annahme, dass das Vollzugsmedium NUR die transversale Vernunft sein könne, diese Auszeichnung und Hervorhebung widerspricht eben der Behauptung, die selbstreferentielle Konsistenz sei gegeben. Wenn der Streit NUR im Medium der transversalen Vernunft als der dann wohl funktionell wenn auch nur formal universellen Struktur erfolgen darf und kann, ist eben wieder ein fundamentalistischer Bereich postuliert, der eben der These der Transversalität der Vernunft widerspricht. Geriert die transversale Vernunft nicht selbst wieder als Instrument von Herrschaft, wenn sie die von ihr selbst für alle gezogenen Grenzen und Fähigkeiten nicht ausreichend legitimieren kann? Was wäre, wenn die formalen Prinzipien der transversalen Vernunft, wie wir unter ... zeigen werden, selbst sich als inhaltlich problematisch erwiesen?

Oder hat die Vernunft jenseits der hier von WELSCH zu Unrecht postulierten Fundamentalität und Elementarität noch "höhere" oder "tiefere" Fähigkeiten, die auch WELSCH zwar voraussetzt aber nicht explizit herausgearbeitet hat? Glaubt er nicht doch, seiner Fähigkeit der Vernunft, ihrer Transversalität eine auch dem Pluralitätskonzept entzogene, fundamentale Geltung jenseits der Vielheit, als eine ART von Einheitsrahmen zugestehen zu müssen? (Sind es nicht irgendwie verschwommene Vorstellungen einer synthetischen Funktion von Vernunft? Kann man die obigen Sätze überhaupt anders verstehen? Sagen sie nicht: In Bezug auf die Vielheit der Vernunftskonzepte steht das Pluralitätskonzept neben allen anderen Vernunftskonzepten, aber hinsichtlich der Herstellung von Beziehungen zwischen allen Vernunftkonzepten kann NUR und zwar stets, nicht veränderbar(!) durch Relationen zu anderen, vielleicht künftigen Vernunftkonzepten das Konzept der Transversalität IM Pluralitätskonzept als einziges Mittel, als Basis und Grundform fungieren? Wir haben leider den Ausweg aus der Paradoxie nicht gefunden. Die selbstreferentielle Konsistenz scheint nicht geglückt.

 WELSCH charakterisiert die Rationalitätsbedingungen moderner Gesellschaften abschließend in seinem Werk in folgender Weise, wobei er aus diesem historische Zustand von Gesellschaftlichkeit die transversalen Funktionen der Vernunft als die adäquaten ableitet, weil nur sie geeignet seien, den modernen Ansprüchen an die Vernunft zu genügen:

Unterschiedliche Rationalitäten überlagern und kreuzen sich, ergänzen oder bestreiten einander, gehen durcheinander, ohne sich noch einmal zu einer Gesamtordnung zu fügen. Dieses "unordentliche" Design der rationalen Welt ist die unabweisbare Konsequenz der Pluralisierungsprozesse. Die herkömmlichen Suggestionen räumlicher Einteilung passen nicht mehr auf die Struktur heutiger Rationalität.

Ebenso sind die daran anknüpfenden Aufbauvorstellungen hinfällig geworden. "Grund" und "Boden" sollten herkömmlich als "Fundament" zur Errichtung von "Gebäuden", "Systemen", "Architekturen" dienen. Aber wo die Böden schwankend werden, geraten auch die Gebäude ins Wanken. Die ganze Denkform von Grund und Aufbau - diese Immobilienwirtschaft der traditionellen philosophischen Epistemologie - zeigt heute nur noch mythische Züge. Wenn schon, so sind allenfalls andere Architekturen angebracht und tauglich: bewegliche und veränderliche, netz- und gewebeartige Architekturen. Entsprechend hat sich auch das rationalitätseinschlägige Metaphernfeld verschoben: von territorialen Metaphern zu solchen des Gewebes, des Netzes, des Rhizoms." (s.943)

Müsste nicht WELSCH, bei genauer Prüfung zugeben, dass sein eigenes Vernunftkonzept und seine obigen Sätze einen unveränderbaren Grund der Vernunftkritik darstellt?

Wir haben vorne eine Systemtheorie mit allen Problemen und Implikationen auch im Verhältnis zum Pluralitätskonzept entwickelt (vgl. a.c.). Daraus ergibt sich, dass die Metapher vom Netz, in welchem die Rationalitäten verbunden sind, bei genauer Analyse noch durch Stratifikationen und Machtverhältnisse aufeinander bezogen sind. Wir stellen einige Fragen:

Darf die Vernunft so weit gehen, dass sie ihre Grenzen, Aufgaben, Funktionen und Fähigkeiten, die Kriterien für ihre Transversalität eben aus den Gesellschaftssystemen ableitet, in denen sie selbst - zumindest teilweise - enthalten ist, und aus denen sie Bedingtheiten und Färbungen angenommen hat. Darf Vernunft aus den Systemzuständen einer bestimmten Evolutionsphase (also pluralistisches Auseinandertreten und komplexe Überlappungen unterschiedlicher Vernunftskonzepte) die Kriterien ihrer eigenen Funktionalität ableiten? Liegt hier nicht eine resignative, in die Bedingungen der Evolutionsphase gebeugte Begrenzung des Vernunftskonzeptes vor?

Kann und muss nicht die Vernunft, wie es WELSCH ja auch letztlich anstrebt, die Grünheit, Blauheit usw. der Evolutionsfarbe der Systeme, in denen sie sich je befindet, abschütteln? Sagt nicht WELSCH mit seiner Beurteilung: Die Systemkonstellationen sind grün, daher hat die Vernunft grüne Aufgaben und Fähigkeiten. Alle anderen Vernunftkonzepte aus Vergangenheit und Zukunft sind daher mangelhaft. Die Grünheit der Vernunft, die Transveralität ist das Allgültige. Sind aber nicht auch die Sätze, wo WELSCH von der "reinen Fähigkeit der Vernunft, die sie aus allen anderen Konzepten heraushebt" spricht, bereits ein Ansatz einer farblosen, über allen Systemen befindlichen Funktion der Vernunft?

Das Modell der transversalen Vernunft kann durch sich selbst bereits als evolutionshemmend angesehen werden. Durch die ihm inhärenten - aus den Rationalitätsgeflechten der Vernunftskonzepte in den derzeitigen Systemen abgeleiteten- Begrenzungen verstellt es den Blick auf neue, weitere, systeminvariante Ansätze. Die transversale Vernunft geht nämlich sich selbst ins Netz und fängt sich in den von ihr selbst diagnostizierten Fallstricken.

2. Die Ordnung der Ordnungen (Waldenfels)

Das postmoderne Postulat nach WELSCH, auf soziale Systeme angewendet, erweist sich infolge seiner Formalität selbst als blind und ausklammernd gegenüber einer Vielzahl von Problemen, die jedes soziale System kennzeichnen. Vor allem ist es hinsichtlich jeglicher Frage nach Ethik, Stabilität und Wandel und damit einer evolutionslogischen Perspektive erheblich verkürzt.

Andere postmoderne Theoretiker haben aber gerade diese Perspektiven in ihre Überlegungen aufgenommen. WALDENFELS benützt hier den Begriff der Ordnung. Die klassische Ordnungsform des Mittelalters zeichnet sich dadurch aus, "dass sie dem Menschen a) vorgegeben, dass sie b) allumfassend, dass sie c) mehr oder weniger fest umgrenzt und d) in ihren Grundzügen repetitiv ist." 

Eine neue Form der Ordnung, die als modern bezeichnet wird, bricht sich Bahn. Es kommt zu einer Lockerung des Wahrheitszwanges, "wenn die große, allumfassende Ordnung in Ordnungen zerfällt, die ihrerseits a) wandelbar, und b) beschränkt sind, c) bewegliche Grenzen aufweisen und d) grundlegende Innovationen zulassen". Dieser Ordnungswandel setzt Kräfte frei. Die Freisetzung expandierender und diffundierender Kräfte bedeutet aber nicht nur eine Mobilisierung und Pluralisierung von Ordnung, sondern auch deren Bedrohung. Dieser Bedrohung durch Ordnungsschwund versucht man verschiedenartig durch "Bewältigung der Andersheit" zu begegnen.

Anfangs wird noch versucht, den Ordnungsschwund wettzumachen, ohne an der hergebrachten Ordnungskonzeption zu rütteln. Die anspruchsvollste Ersatzform ist die Totalisierung. "Die Andersheit wird dem Ganzen einverleibt als relative Andersheit, als Einseitigkeit, die auf die Dauer in die Allseitigkeit des Ganzen aufzuheben ist. Alles könnte auch anders sein, - ausgenommen das Ganze, zu dem es keine Alternative gibt." "Auf die Dauer müssen beide Seiten zu ihrem Recht kommen. Doch dieses Wunderwerk einer allseitig sich entfaltenden Dialektik scheitert daran, dass die moderne Dialektik, wenn sie einmal den Boden kontingenter Ereignisse, limitierter Geschichtsräume, subjektiver Interessen und lokaler Traditionen betritt, weder ihres Anfanges, noch ihres Endes Herr ist. Die Vernunft lebt in einem dauernden Interim. Das Ganze ist das, was immer noch aussteht."

Ist Bezug auf dieses Ganze nicht mehr möglich, bieten sich bescheidenere Ersatzformen an." Eine heißt Universalisierung durch Formalisierung." Die zersetzende Macht der Kontingenz wird eingedämmt, indem man sich auf notwendige Ordnungsbedingungen zurückzieht, und auf zureichende Ordnungsgründe verzichtet. Die einstige Gesamtordnug schrumpft  zu einer formellen Grundordnung zusammen. Eine Liberalisierung, die sich auf eine alleinwahrmachende Formalvernunft beschränkt, und den Rest partikularem Gutdünken überlässt, hat ihre eigenen Tücken. Abgesehen davon, dass jede Berufung auf notwendige Ordnungsbedingungen sich eo ipso wechselnden Diskursbedingungen ausliefert, und somit aufhört, rein formal zu sein, hinterlässt der Rückzug auf eine feste Bastion von Grundsätzen Hohlräume, die mit zwingenden Argumenten nicht zu füllen sind. Negative Minimalbedingungen sind weder imstande, konkrete Lebensweisen und spezifische Diskursformen auszubilden, noch taugen sie dazu, konkrete und spezifische Konflikte beizulegen."

 

"Wenn die totale Weltordnung sich als illusionär, die formale Grundordnung als unzureichend erweist, bieten sich ersatz- und ergänzungsweise die regionalen und lokalen Ordnungen der verschiedenen Traditionen an, die gleich der Sprache nur im Plural denkbar sind."

Damit ergibt sich aber das Problem, dass man die "eigene" Ordnung gegenüber der anderen bevorzugt, und damit in Varianten des Traditionalismus verfällt. Auch besteht die Gefahr, die eigenen Tradition zum Hort der Vernunft zu machen.

Als letzte Schwundstufe an Ersatzformen nennt Waldenfels den Positivismus. "So lässt sich eine bestehende Tradition verteidigen mit der Begründung, irgendeine Ordnung müsse sein, um das faktische Überleben zu garantieren."

Waldenfels sieht zwei gegenläufige Tendenzen. "So antwortet auf die Zentrierung der Ordnung in einem einheitlichen Logos die Auflösung des Logos in eine Vielzahl von Logos, von Sinn- und Kräftefeldern.“ Gibt es aus diesem Gegeneinander einen Ausweg?

Waldenfels meint: Herausführen könnte ein Denken und Handeln, das mit dem Potential begrenzter Ordnungen ernst macht, ohne einfach Ordnung und Unordnung gegeneinander auszuspielen." " Die Heterogenität von Ordnungsbereichen, die sich nicht einer einzigen Herkunft und einer einheitlichen Bezugsskala zuordnen lassen, schließt nicht aus, dass die Ordnungsbereiche sich mehr oder weniger überschneiden."

"Diese wenigen Bemerkungen mögen zeigen, dass die begrenzten Ordnungen, die aus dem Stufenbau einer Gesamtordnung oder den Steuerungen einer Grundordnung entlassen sind, sich keineswegs in pure Vielfalt und Beliebigkeit auflösen.  Es gibt laterale Verbindungen, die reicher sind, als alle "pyramidalen" Ordnungen".

2.1. Responsive Rationalität

"Das Übergreifen von einer Ordnung auf die andere, die Verflechtung von Eigenem und Fremden, von Neuem und Altem, setzt weiterhin voraus, dass jemand, der sich redend und handelnd in den Grenzen einer bestimmten Ordnung bewegt, diese Grenzen zugleich überschreitet, ohne sie zu überwinden.." "Was sich hier andeutet, ist eine "responsive Rationalität", die aus einem antwortenden Reden und Tun erwächst und jede bestehende Ordnung sprengt, ohne sie durch eine umfassendere Ordnung zu ersetzen. Möglicher Prüfstein dieser Rationalität wäre der nun schon öfters erwähnte Umgang mit dem Fremden, mit dem alltäglich Fremden, aber auch mit dem historisch Zurückliegenden und dem geographisch Fernliegenden, schließlich auch mit der menschenleeren Natur. Der Kreislauf rückwirkender Aneignung wäre damit ebenso durchbrochen, wie die Bewegung eines unendlichen Fortschreitens. Wenn es hier eine Wende gibt, so fände sie ihren Platz nicht mehr innerhalb der Moderne, aber auch nicht davor oder danach. Anders denken, heißt auch in anderen Dimensionen denken."

2.1.1. Der Umgang mit Grenzen

Wir wollen hier den Umgang mit der Grenze zwischen Eigenem und Anderem wie ihn Waldenfels anregt,  kurz zusammenfassen.

"Die verschiedenen Grenzordnungen verweisen auf eine fundamentale Fraglichkeit der Grenze, die keine endgültige Beantwortung zulässt; denn damit wäre die Grenze wieder eingemeindet."

 "Statt dessen fordert sie zu Antworten heraus, in deren wechselnder Gestalt sich ein jeweils verschiedener Umgang mit Grenze bekundet." " Die Vernunftgeschichte erweist sich als eigentümliche Grenzgeschichte."  "In der Neuzeit, in der dieses vorgegebene Ganze fraglich wird, zielt man in stärkerem Maße darauf ab, die Außengrenzen in ständiger Überschreitung hinauszuschieben. Doch inzwischen zeigt sich, dass der unendliche Progress mehr verspricht, als er hält, und dass Allheitsvisionen selbst eine Form der Eigenheit sind, selbst wenn sie mit einer allseitigen Offenheit locken."

"Anstatt Grenzerfahrungen vorweg zu moralisieren, sollte man vielmehr versuchen, so etwas wie Ethos von Grenzachtung und Grenzverletzung her zu denken. Was sich anbietet, ist ein Grenzverhalten, das sich auf Fremdes einlässt, ohne es dem Eigenen gleichzumachen oder es einem Allgemeinen zu unterwerfen." " Das bedeutet, dass man die Schwelle zum Anderem überschreitet, ohne die Grenze aufzuheben und hinter sich zu lassen. ' Man richtet sich niemals in einer Überschreitung ein, man wohnt niemals anderswo. Die Überschreitung impliziert, dass die Grenze immerzu am Werk ist.'  Der Aufenthalt auf der Schwelle, der daraus folgt und der einen lebhaften Grenzverkehr ermöglicht, mag Ethos heißen in dem alten Wortsinn, der jeder Grenzmoral vorausliegt. Die Einseitigkeit in der Differenz von Drinnen und Draußen ist keine Vorstufe zu Wechselseitigkeit und Allseitigkeit. Was draußen ist, ist nicht drinnen, nur so spricht Fremdes uns an."

In diesem Zusammenhang kritisiert Waldenfels auch eine mit der Raummetaphorik bisher verbundene Vorstellung, bei der das Draußen nicht durch das Drinnen ausgegrenzt, sondern nur von ihm abgegrenzt wird. Drinnen und Draußen scheinen sich zurückzuziehen auf die Sonderregion räumlicher Dinge und es wäre sinnlos zu fragen, welcher Teil drinnen und welcher draußen sei. "Das gleichmachende Raumstellensystem lässt keine Vorzugstellung und kein Ungleichgewicht aufkommen; alles ist drinnen im Raum. Wer schließlich die Vernunft selber in das parteiische Geschäft von Ein- und Ausschließung hineinziehen wollte, setzt sich dem Vorwurf aus, er rede mit dieser "räumlichen Metapher" einer "Subjektphilosophie" das Wort, die mit privilegierten Zugängen rechnet, anstatt auf universale Ansprüche einer kommunikativen Vernunft zu setzen. Es sieht dann so aus, als wäre die zweifache Bewegung von Ein- und Ausgrenzung weder die erste noch die letzte und keinesfalls die maßgebliche Form von Grenzziehung; denn in den Grenzen einer reinen Vernunft fände alles Platz mit Ausnahme der Unvernunft, die keinen Platz verdient."

Und dann folgen die kritischen Momente gegen diese Theorie von Rationalität:

"So scheint es, doch vielleicht hat der Vorwurf einer metaphorischen Verdoppelung selbst etwas zu tun mit einer metaphysischen Verdoppelung des Raumes in eigentliche und uneigentliche Räumlichkeit, mit einer Verdoppelung also, die weder der Aisthesis noch dem Logos, weder den konkreten Topoi noch einer zu erwartenden Topologie gerecht wird." (Hervorhebung des Autors).

Auch an einer anderen Stelle wehrt sich Waldenfels gegen eine Sicht des Drinnen und Draußen durch den Blickwinkel eines Dritten, der über den Dingen steht. Welche Mängel sieht Waldenfels in dieser Sichtweise?

Da er eine Asymmetrie von Drinnen und Draußen moniert, meint er:

"Diese Verschiebung des Blickpunktes räumt auf mit der Einseitigkeit, die der Relation von Drinnen und Draußen anhaftet. Die Beziehung zwischen Selbem und Anderem gerät in den Blickwinkel eines Dritten, der  über den Dingen steht, und sozusagen den Blick auf beide Seiten der Grenze richtet und beiden Seiten ihre Einseitigkeit vorhält. Was diesem Blick, der notgedrungen irgendwo beginnt, noch an eigener Parteilichkeit anhaftet, wird getilgt durch einen Austausch der Perspektiven, eine zu erlernende Reversibilität der Standpunkte." "Der Mensch hat den zusätzlichen Vorteil, dass er dies weiß und somit das eigene Element des Lebens zum allgemeinen Element des Denkens erweitern kann. Einem Lebewesen, das den Logos hat, ist im Grunde nichts mehr fremd. Diese altbekannte Operation hat nur den Nachteil, dass sie, indem sie grenzenlos wird, auch bodenlos wird. Der Übergang von einer raumverhafteten Ein- und Ausgrenzung zur raumenthobenen Abgrenzung verwandelt voluminöse Tiefenwesen, die einander ausgrenzen, in geometrische Flächenwesen, die nur noch aneinander grenzen für einen Blick, der das Gesehene überfliegt und nicht mehr darin verwickelt ist. Abgründe und Klüfte, die eines vom anderen trennen, werden auf Begriffsbrücken überquert. Wo Synopsis und Synthesis ihr Werk tun, bis hin zur Lust am Panorama, bleibt im Grunde oder auf die Dauer nichts draußen, außer demjenigen, was sich selbst als nichtig, widersinnig oder widersprüchlich ausschließt." "Die Differenz von Drinnen unter in einer grandiosen Tautologie, die am Ende nur noch Binnengrenzen kennt, innerhalb einer Identität von Identität und Nichtidentität."

2.1.2. Kritik des Grenztheorems

Das Grenztheorem enthält bestimmte Begriffe wie Ordnung, Eigenes, Anderes, Fremdes, Drinnen, Draußen, Differenz, Grenze, begrenzte Ordnungsbereiche, und vor allem eine Anweisung, wie man mit Grenze umzugehen hat.

Nun fragen wir, wo befinden sich, in der Raummetaphorik bleibend, diese Begriffe und Sätze?

Wenn sie Eigenes oder Anderes sind, oder Anderes des Eigenen usw. unterliegen sie selbst an der Grenze den Postulaten des Grenztheorems, müssen  sich auf Fremdes einlassen, ohne es dem Eigenen gleichzumachen, oder es einem Allgemeinen zu unterwerfen. Jedenfalls hätten sie keine über das Eigene hinausgehende Wirkung und Geltung.

Ist das Grenztheorem aber Aufenthalt auf der Schwelle, der einen lebhaften Grenzverkehr ermöglicht, und damit selbst Veränderungen unterläge, so wäre  es wiederum nur Einseitigkeit in der Differenz von Drinnen und Draußen, aber nicht Vorstufe zu Wechselseitigkeit und Allseitigkeit. Ginge dies nicht sogar so weit, dass das Grenztheorem als Eigenes überhaupt niemals "ein Anderes anders erreichen könnte, denn als Eigenes, das sich an der Schwelle - bei Aufrechterhaltung seiner Einseitigkeit - in Grenzverkehr befände? Hieße dies nicht, das Grenztheorem darf überhaupt nur für sich selbst als Eigenes in seiner Einseitigkeit Geltung besitzen.

Wir nehmen nicht an, dass Waldenfels das Grenztheorem so verstanden wissen will. Es soll zweifelsohne ein Theorem sein, dass über aller Grenzheit, dem Differenten von Drinnen und Draußen, jenseits aller Grenzen limitierter Ordnungen als gegenüber den bisherigen Umgestaltungen der Vernunft bescheiden reduzierend entwickelte neunte Variante der "responsiven Rationalität" Geltung besitzen.

Meint der Begriff "Grenze" im Grenztheorem nur Aufenthalt an der Schwelle zum Anderen, damit selbst formal und inhaltlich jeglicher Veränderung im Grenzverkehr ausgesetzt, oder meint "Grenze" alle je möglichen Grenzen, alle Grenzen, die jemals zwischen lateral verbundenen Partial-Ordnungen bestehen könnten?

Ändert sich der Begriff "Grenze" nicht an der Grenze zu jeder anderen Theorie der Grenze (z.B. in der bisherigen Mathematik, in der Dialektik HEGELS usw.) im Rahmen der responsiven Vernunft. Ist das Grenztheorem nicht bereits im grünen System, im ständigem Grenzverkehr mit den anderen, ihr zumindest lateral zuzuordnenden anderen Ordnungen der Rationalität einer Veränderung ausgesetzt, die zwar nicht zu Allgemeinheit führt, aber zu formalen und inhaltlichen Veränderungen?

Ist aber Grenztheorem selbst eine Ordnung für alle Ordnungen, eine Meta - Ordnung, der Blickwinkel eines Dritten, der über den Grenzen aller Grenzen steht, dann verfällt es all jenen kritischen Argumenten, die Waldenfels den anderen Ordnungsversuchen der Vernunft als Grenzgeschichte vorwirft:

Das Grenztheorem wird zu transzendentaler Gewalt, einer alles umfassenden Ordnung, die selbst den Bedrohungen jeglicher Allgemeinheit durch eine eigene Allgemeinheit zu entgehen versucht. Grenztheorem wäre selbst Totalisierung und natürlich auch eine Ordnungsmacht mit universellen Geltungsansprüchen, zweifelsohne eine formelle Grundordnung welche den Umgang mit Partikularität regelt, wäre eine Allheitsvision neuer Art, wäre selbst eine Art Synopsis und Synthesis, welche was jemals gesehen wurde und jemals gesehen werden kann, überflogen hat, oder zumindest eine Anleitung gibt, welchen Blick man haben soll, wenn man es überfliegt.

Welche Wirkungen auf die soziale "Realität" haben solche Thesen über die Gesellschaft? Sie "erzeugen" ja primär selbst durch ihre Begrifflichkeit soziale Realität, da durch sie die Gesellschaft real anders konstituiert wird, erzeugt das Grenztheorem selbst Realitäten.

Grenztheorem ist im weiteren, auch hier wird es von den Argumenten, die es gegen andere Vernunftentwürfe vorbringt, eingeholt, u.E. nicht in der Lage, konkrete Lebensweisen und spezifische Diskursformen auszubilden, konkrete und spezifische Konflikte beizulegen. Es kann vor allem sicherlich nicht mit seinem begrifflichen Inventar in einer Gesellschaft alle lateralen Überschneidungen aller darin zu ortenden Ordnungen mit den Grenztheorem allein befriedigend erfassen, mit ihnen umgehen und schließlich Fragen nach neuen Grenzziehungen bezüglich bestehender Ordnungen oder gar der formalen und inhaltlichen Bedingungen neuer Ordnungen die mit, über oder neben den bestehenden zu realisieren wären, klären.

2.1.2.1. Pragmatische Überlegungen

b.c.a. Im grünen System wird der Begriff "Grenze" etwa, in einer Vielzahl von Ordnungen unterschiedlich benützt. Nehmen wir an, wir hätten sie alle erfasst. Jetzt wenden wir das Grenztheorem auf alle Begriffe der Grenze inklusive dem Begriff im Grenztheorem selbst an und halten uns auf der Schwelle zwischen einem Drinnen (des Grenztheorems) und allen Draußen auf, beginnen einen Grenzverkehr, erkennen einseitig von drinnen die Differenz von Drinnen und Draußen.

b.c.b. Welche Grenze haben folgende in lateralen begrenzten Ordnungen als jeweils Eigenes gegen Anderes feststellbare Phänomene wie etwa:

Diskettenlaufwerk des PC 234,

Maserung des Tisches A,

Gedanke:" Nicht der Atem des Wassertropfens vermag daran zu rühren", den der Bäcker B nach der Erinnerung an sein gestriges Abendessen hatte;

Baunachfrage in Europa;

Überlagerung autoritärer und demokratischer Herrschaftselemente im Regierungsstil Ö;

Reduktion von Komplexität in Systemen;

2,436.586 im grünen System verteilte Hüte der Marke Niolva;

Das Haar "Gesine" welches dem Kind C am 24.1.1913 vom Kopf fiel;

Alle im System, von insgesamt 342 Personen unterschiedlich noch vorhandenen Erinnerungen an den ersten Eisenbahnzug;

"Ich kann dir das genau sagen" als Ausspruch der Schauspielerin Gates Olivia in der Fernsehserie "Die große Fracht" digital gespeichert auf dem Videoband der Familie Elser in Hohenems;

Die grünlichen Schatten aller Blumen, die in Seiters am 24.1.1993 blühten;

Ein Gleichnis: „Alle bisherigen Konzepte über das Verhältnis des Einen zum Vielen, - die postmodernen Vernunftkonzepte sind hier selbst nur ein begrenzter Teil in der geschichtlichen Folge, gleichen in ihren Proportionen Tierleibern; erst die WESENLEHRE enthält in dieser Metapher den allharmonischen Menschenleib.“

Die Personen, welche im Amtskalender des Systems F enthalten sind und alle ihre Gedanken, Gefühle und Intentionen, die sie am 12.1.1991 in der Zeit von 14 Uhr 30 bis 20 Uhr 24 realisierten, in ihrer Beziehung zum Begriff "Äquivalenzfunktionalismus" bei Krismansky;

das Ausmaß sozial inadäquater Fixierung im System bezogen auf die Theorie L;

Das folgende Bild:

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

die Grundlagenkrise der Mathematik seit Cantor;

"Horus ist Nektar und göttliches Opfer zugleich; er sammelt, vereinigt die Glieder des Vaters. Denn sein Erlöser ist Horus. Er ist sein Erlöser. Die Himmlischen Meere durchzieht er, während des Vaters Leib in voller Verwesung... Wahrlich, Horus ist Herr Ägyptens, sein Gebieter und Meister. Den Gang der Dinge bestimmt er, der künftigen Jahrmillionen."

Nachweis, dass die responsive Vernunft selbst alles das ist, was sie bekämpft, nämlich transzendentale Gewalt;

"Er dringt an die Grenzen des Daseins alles Seins für uns, um an der Grenze den Ursprung des Ganzen selber zu erblicken, und muss doch innerhalb der Grenze bleiben. Er will mit der transzendentalen Methode transzendieren in Formen des Darinbleibens. Er denkt über das Denken, aber kann es nicht von einem Außerhalb des Denkens her, sondern nur, indem er schon denkt." Diese Sätze Jaspers über Kant sind nur durch eine neue Kategorialität, durch eine neue Rationalität zu überwinden, bei der auch die Kategorien Kants, die ja der Sprache und Logik seiner Zeit (Formen der Urteile) verhaftet waren, überschritten werden.

Alle diese Sätze gehören bestimmten Ordnungen an, müssen als Ordnungen gegeneinander Grenzen haben, die im Sinne des Grenztheorems als Eigenes und Anderes zu erfassen wären, mit einem Grenzverkehr, der alle ändert.

3. Die Grenzen der Erkenntnistheorien typisiert nach ihren Grenzen -Grundwissenschaft

Wir haben in den vorigen Kapiteln einen allgemeinen Überblick über die derzeitige postmoderne Verwaltung des Vernunftsprinzips in hochgradig in horizontal oder vertikal diversifizierte Partialrationalitäten gespaltenen Gesellschaften gegeben und zwei prominente Positionen genauer analysiert. Die Fragestellung wird gerne in der Figur der einen Vernunft gefasst, die nach -wiederum postmodern- höchst unterschiedlichen Kriterien - eine Art Koordinierungs- oder Schiedsfunktion zwischen den konkurrierenden Rationalitätsformen, die in den Sozialsystemen oder sogar im planetaren Ausmaß wirksam sind, einnehmen soll. Wir bräuchten dann eigentlich auch eine Vernunftsinstanz, die wiederum diese verschiedenen „Koordinierungs-Vernünfte“ aufeinander beziehen.

Wir müssen auch wiederum die bekannte Frage stellen: Gehört in der postmodernen Gesellschaft die Vernunft zur Vor- oder zur Nachhut der Evolution? Es gibt nicht unmaßgebliche Anzeichen dafür, dass sich die erwähnten koordinierenden Vernunftskonzepte ( etwa bei APEL, HABERMAS, WELSCH und WALDENFELS) erst als Folge der hochgradigen Differenzierungsprozesse in den modernen Gesellschaften entwickelten, sozusagen aus pragmatischen Steuerungsproblemen, also fuktionalistischen Problemen der hochkomplexen westlichen Gesellschaften ergaben. Keineswegs waren diese Konzepte die utopischen Vorgaben der Differenzierungen und Spaltungen der Rationalitätsvielfalt. Die Postmoderne und ihr diversifiziertes Rationalitäten-Klima gebar daher diese Steuerungsbedürfnisse über neue Vernunftskonzepte, denen daher aber auch gleichsam das Klima der Epche der Postmoderne selbst anhaftet. Sind diese Vernunftskonzepte womöglich zu weit in die Postmoderne selbst hineingebeugt, um unseren Blick ausreichend klar zu halten, für eine „neutrale“ Lösung des Problems, die postmodernistische Vielfalt der Koordinierungs-Vernünfte selbst in einer adäquaten Weise aufeinander zu beziehen?  Gibt es aus diesen „Netzen“ „Rhizomen“ oder dem „Labyrinth“ oder „Traum“ , aus den dargelegten Problemen der mangelnden selbstrefentiellen Konsistenz dieser Vernunftkonzepte einen Ausweg?  Wohl nur, wenn die Vernunft   essentiell als Eine, Ganze, unendlich und absolut begründbar ist. Denn nur dann wäre ein „letzter Urgrund“ jeglicher Vernunfttätigkeit, der keinem weiteren infiniten Regraß und keiner weiteren Verschiebung auf weitere Meta-Ebenen ausgesetzt ist vorhanden. Ein derartiger unendlicher und unbedingter „Urgrund“ der Vernunft ist jedoch wiederum nur unter 2 Bedingungen  sinnvoll zu erreichen:

a) wenn es ein unendliches und unbedingtes Grundwesen gibt und

b) dem Menschen dieses unendliche und unbedingte Grundwesen zumindest auf endliche Weise erkenntnistheoretisch und -praktisch zugänglich ist.

Unter diesen Voraussetzungen könnte man ein Vernunftkonzept für den Menschen erstellen, dass seine konstitutiven und regulativen formalen und inhaltlichen Prinzipien aus der Göttlichen Vernunft bezieht. Ob dieses Vorhaben erfolgreich sein kann, soll im folgenden erörtert werden. Das Gelingen des Vorhabens würde allerdings evolutionslogisch die Vernunftkonzepte der Postmoderne in einen neuen Zusammenhang stellen und könnte den legitimen Anspruch erhaben, sie alle in einem unendlichen Konnex neu zu evaluieren.

Überblicken wir die bisherigen Erkenntnistheorien, können wir, ausgehend von der engsten, folgende, das menschliche Er­kenntnisvermögen jeweils weiter fassende Schulentypen fest­stellen:

MI(1) Naiver Empirismus

Die Außenwelt ist uns unmittelbar als subjektunabhängiger Bereich zugänglich. Wir können daher unsere Erkenntnisse und Beobachtungen der Außenwelt mit der "tatsächlichen", wirklichen Außenwelt vergleichen, und dadurch die "Wahrheit" unserer Erkenntnisse überprüfen.

MI(2) Kritischer Realismus

Dieser wurde etwa vom späten CARNAP vertreten. Während der Empirismus ursprünglich meinte, für den Aufbau wissenschaftlicher Theorien könne man sich auf Logik und Mathematik sowie auf solche Ausdrücke beschränken, die empirische Begriffe zum Inhalt haben, worunter man solche versteht, deren Anwendbarkeit mit Hilfe von Beobachtungen allein entscheidbar ist, hat sich diese Annahme als zu eng erwiesen. Der prominente Kenner der Schule, STEGMÜLLER, schreibt: "Die Untersuchung über theoretische Begriffe hat gezeigt, dass frühere empirische Vorstellungen vom Aufbau wissenschaftlicher Theorien grundlegend modifiziert werden müssen. Während nach den Vorstellungen des älteren Empirismus in allen Erfahrungswissenschaften der Theoretiker nur solche Begriffe ein­führen dürfte, die mit dem Begriffsapparat definierbar sind, welcher dem Beobachter zur Verfügung steht, und ferner der Theoretiker nichts anderes zu tun hätte, als Beobachtungser­gebnisse zusammenzufassen und zu generalen Gesetzesaussagen zu verallgemeinern, ergibt sich jetzt das folgende Bild von den Aufgaben des Theoretikers. Er hat weit mehr zu tun, als beobachtete Regelmäßigkeiten zu verallgemeinern. Vielmehr muss er EIN NEUES SYSTEM VON BEGRIFFEN KONSTRUIEREN, DIE ZU EINEM TEIL ÜBERHAUPT NICHT UND ZU EINEM ANDEREN TEIL NUR PARTIELL AUF BEOBACHTBARES ZURÜCKFÜHRBAR SIND, ER MUSS SICH WEITER EIN SYSTEM VON GESETZEN AUSDENKEN, WELCHE DIESE NEUEN BEGRIFFE ENTHALTEN, UND ER MUSS SCHLIESSLICH EINE INTERPRETATION SEINES SYSTEMS GEBEN, die eine bloß teilweise empirische Deutung zu liefern hat, die aber dennoch genügen muss, um das theoretische System für die Voraussetzungen beobachtbarer Vorgänge benutzen zu können. Die Begriffe, mit denen er operiert, können GANZ ABSTRAKTE, THEORETISCHE BEGRIFFE SEIN. Dennoch ist er gegen die Gefahr eines Abgleitens in die spekulative Metaphysik so lange gefeit, als er ZEIGEN KANN, DASS ALLE DIESE BEGRIFFE EINE VORAUSSAGERELEVANZ BESITZEN" (Hervorhebungen des Autors).

Aus diesem Zitat entnehmen wir gleich zweierlei: Zum einen die enorme Bedeutung der überhaupt nicht aus der Erfahrung stammenden abstrakten Begriffe, beim Aufbau einer jeden wissenschaftlichen Theorie. Es zeigt sich also, dass jede empirische Beobachtung bereits durch das System der theoretischen Begriffe des Forscher vorgeformt wird, dass also diese Begriffe eine Brille mit bestimmter Färbung und bestimmtem Schliff sind, mit der wir überhaupt erst Beobachtungen machen können. Setzen wir uns andere Brillen, mit anderer Färbung und anderen Schliffen auf, erhalten wir ANDERE BEOBACHTUNGEN. Die theoretischen Begriffe sind bereits BEOBACHTUNGS­KONSTITUTIV, sie sind an der Erzeugung der Beobachtung grundlegend beteiligt. Folgerung: Wir erhalten ANDERE BEOBACHTUNGEN, wenn wir andere theoretische Begriffe benützen. Die Außenwelt wird eine Funktion unserer theoretischen Begriffe. Dies gilt natürlich auch für unsere Theorien über die Gesellschaft, in der wir leben, oder in der andere Völker leben.

MI(3) Transzendentaler Idealismus

Die "Außenwelt" ist ein subjektives Erzeugnis des menschlichen Bewusstseins, wobei nur die Sinneseindrücke auf eine Außenwelt hindeuten (Problem des Dinges an sich bei KANT). Das Subjekt erzeugt mittels Sinnlichkeit (E) und Begriffen dasjenige, was man Außenwelt nennt. Prominente Vertreter sind KANT und WTTGENSTEIN in der Philosophie des Traktates. Eine über oder außer dem Subjekt ( oder im weiteren der gesellschaftlich aufeinander bezogenen Subjekte, des Eigenen und des Anderen usw.) gegebene Instanz zur Sicherung der Wahrheit oder Sachgültigkeit der vom Subjekt (in manchen Schulen unter Berücksichtigung sozialer Determinanten) erzeugten Bewusstseinkonstrukte gibt es nicht.

Mit dem Übergang von den Subjektphilosophien (KANT, HUSSERL, WTTGENSTEIN usw. zu linguistisch-kommunikativ orientierten Schulen ist heute ein Übergang vom transzendentalen Idealismus zum transzendentalen Kommunikationismus (APEL,HABERMAS) und dialektischen Schulen (ADORNO usw.) feststellbar. Schließlich bilden auch die Schulen der Postmoderne einen erkenntnistheoretischen Versuch, eine soziale Grundlage zur Erfassung des Heterogenen und Differenten der unterschiedlichsten Sinn und Realitätsebnen, -ordnungen z.B. als "responsiver Rationalität" zu finden. Die Koordinierungskonzepte der postmodernen „Vernunft“, die sich als Verwalterin konkurrierender Rationalitätsformen versteht, ist eine weitere Richtung in diesem Feld.

MI(4) Transsubjektive, transpersonale Systeme

Hier wird angenommen, dass jenseits des Subjektes ein letzter Urgrund, ein Grundwesen ist, mit dem der Mensch in Verbindung steht und durch welches Wesen Subjekt und Außenwelt verbunden sind. In diesen Bereich fallen alle intuitiven Einsichten, denen aber noch deduktive wissenschaftliche Präzision fehlt, wie dies in mythischen, pantheistischen und ähnlichen Konzeptionen in der Darstellung des Verhältnisses zwischen Gott und der Welt geschieht (z.B. PLATO, HEGEL, SCHELLING, JASPERS, theosophische, pansophische und mystische Systeme).

MI(5) Grundwissenschaft

Wir erblicken in der von KRAUSE entwickelten Grundwissenschaft eine wissenschaftlich präzise, UNDOGMATISCHE, deduktive Metaphysik begründet. (Näheres siehe vor allem in: "Die Vollendete Kunst" und den neu herausgegebenen "Vorlesungen über das System der Philosophie" von KRAUSE.)

Diese Lehre leitet zur Gewinnung der Grunderkenntnis Gottes, als des Einen, selben, ganzen, unbedingten und unendlichen Grundwesens, als des höchsten Begriffes an, und entwickelt an und in diesem Grundbegriff eine in der bisherigen Menschheitsentwicklung nicht erreichte Grundwissenschaft, Logik, Mathematik, Naturwissenschaft, Wissenschaft von der menschlichen Gesellschaftlichkeit, Ästhetik usw. Sie erreicht bisher nicht entwickelte Grundlagen der menschlichen Rationalität, die sich aus der Göttlichen Rationalität ergeben. Gegenüber den bisherigen Grenzordnungen der menschlichen Vernunft ergeben sich sowohl kategoriale Neuerungen und in der Behandlung von Unendlichkeiten und den darin enthaltenen Endlichkeiten und damit im weiteren auch Grenzheiten, als auch neue Grundlagen hinsichtlich der unendlichen und unbedingten Grundordnungen in unter denen alle endlichen Ordnungen enthalten sind. M(5) revolutioniert daher nicht nur M(4) also alle bisherigen, teilirrigen, mit mythischen oder unbestimmten metaphorischen Elementen durchsetzten metaphysischen Systeme, die u.U. eine präzise Begrifflichkeit der göttlichen Rationalität ablehnten (z.B. Jaspers) sondern sie revolutioniert natürlich auch die Grenzordnungen M(1) bis M(3). Im weiteren wird der Allgemeinbegriff, die Ganzheit, Teilheit, Universalität, Allheit und ihre Beziehungen zum Besonderen, Einzelnen, Partialen neu erkannt, ohne dass hierbei dem einen oder dem anderen Gewalt angetan würde, oder das Allgemeine über das Besondere, Einzelne mutwillig herrschte.

3.1. Grundwissenschaft und die transversale (reine) Vernunft bei WELSCH

Auch im Sinne der WESENLEHRE und ihrer Evolutionstheorie der Menschheit, der Wissenschaft und Kunst zweifelsohne im Laufe der Entwicklung der Philosophie und Erkenntnistheorie eine evolutionslogische Abfolge von Systemen und Theorien über das Verhältnis des Ganzen zum Vielen, wobei hier besonders auf die Gewichtung Bedacht genommen werden soll. Die vom WELSCH dargestellte Theorie des Modernen Erhabenen legt zweifelsohne in diesem Bereich das Gewicht auf die Selbständigkeit des Einzelnen, Differenten, Heterogenen, und verteidigt dessen Entwicklung als Einzelnen, Differenten gegen alle anderen mit der Tendenz, diese Entwicklung zulasten eines übergeordneten totalisierenden Ganzen einzuschränken. Im Sinne der LEBENLEHRE ist dies eine typische Theorie im Übergang vom zweiten Unterabschnitt des II. Hauptlebensalters (HLA II,2) zum dritten (HLA II,3). Es wird festgestellt, dass das Einzelne als Einzelnes ausgebildet ist, die Pluralität der Weltbilder, Lebensformen, Handlungsweisen und Wissenstypen wird erkannt, anerkannt und vor allem als aufrechtzuerhaltende soziale Realität postuliert. Die Vielzahl der Sinngebilde nebeneinander muss respektiert werden, die Bevormundung der einen durch die anderen hat zu unterbleiben und der Versuch eines Sinngebildes, sich totalisierend die anderen zu unterwerfen, wird bekämpft. Es darf zu keinen Integrationen kommen. Im weiteren wird festgestellt, es gäbe nur Vielheit, die Suche nach einer substantiellen Einheit, einem letzten Fundament, ist aufzugeben. Diese Thesen stehen alle in HLA II,2. Wohl aber gibt es einen letzten Rest einer Ersten Philosophie derart, dass diese originäre Pluralität in einem Ganzen zu erkennen sei, das offensichtlich jeglicher Partialität entzogen ist. Hinsichtlich dieses vereinheitlichenden Ganzen, diesem letzten Rest einer Ersten Philosophie, welches letztlich ja das kategoriale Vehikel für die Herstellung einer Beziehung zwischen dem Verschiedenen, Differenten bildet, besteht bereits der Ansatz einer Philosophie des HLA II,3, wo eine Abstimmung des Einzelnen auf ein Ganzes angestrebt wird.( Eine Struktur, bei der das Ganze als eine Pluralität heterogener Gebilde aufgefasst wird: eine Variante des Strukturbegriffes!). Die weiter oben dargelegten historisch-pragmatischen Probleme, die Theorie des Modernen Erhabenen in eine sozial-geschichtliche Praxis umzusetzen, werden im Laufe der Entwicklung die Notwendigkeit erhöhen, eine intensivere inhaltliche Beziehung des einzeln Ausgebildeten, der Pluralität, zu einem substantiell Einen, unendlichen und unbedingten Ganzen herzustellen, um eine Abstimmung des komplex Differenzierten, Heterogenen überhaupt noch zu ermöglichen.

 Die für das III. Hauptlebensalter der Menschheit, jenes der All-Harmonie geltenden philosophischen und erkenntnistheoretischen Grundlagen, welche in der Theorie des Modernen Erhabenen fehlen müssen, zeigen u.a. auch den grundsätzlichen Irrtum der Postmoderne: dass nämlich die Schau eines unendlichen und unbedingten Grundwesens und aller in irgend einer Hinsicht endlichen "Welten" in unter demselben, die Erkenntnis aller Weltbilder aller Menschen in allen möglichen Sozialsystemen totalisierend sein müsste und mit Anwendung von transzendentaler Gewalt einherginge, weil Andersheit bestehen bliebe. Gerade das Gegenteil ist der Fall. Alles Endliche, das erkannt wird, wird erst dann ohne Verzerrung, Blindheit, Partialirrtum, Ausblendung, Ausklammerung usw. erkannt, wenn es deduktiv in unter dem Unendlichen erkannt wird, als dessen innerer Teil. Erst wenn das Unendliche, Unbedingte erkannt ist und alles Endliche, die Grenzheit, alle möglichen Grenzen in unter demselben, entgeht das menschliche Erkennen der Bruchstückhaftigkeit, den Brüchen zwischen den einzelnen Sinngebilden, der Unübersetzbarkeit des Diffenerenten, dem Inkommesurablen, der Verzerrung, die sich als Kehrseite jeglichen Sinns darstellte. Die Begriffe "Ganzes", "originäre Vielzahl", "Pluralität heterogener Gebilde", "Differenz", usw. erhalten ihren höchsten Sinn, indem sie sich als ewige Göttliche Kategorien deduktiv in unter dem Grundwesen ergeben. Nichts wird ausgeschlossen, nichts wird durch anmaßende Totalisierung und Gewalt gewonnen. Das All, das Totale, (genauer die Or-Omheit) werden als bestimmte Göttliche Kategorien erkannt. Die Allheit, Totalität (Or-Omheit) der Substanz bestimmt die Erkenntnis-Begriffe der Allheit, Totalität (Or-Omheit). Erst wenn die Totalität an und in unter Gott als dem Einen, selben, ganzen, unendlichen und unbedingten Grundwesen erkannt wird, erfolgt in der Erkenntnistheorie keine unzulässige Totalisierung. Die Theorie des Modernen Erhabenen ist jedenfalls selbst eine unzulässige, inadäquate Totalisierung, eine Erscheinung "transzendentaler Gewalt" mit teilweise schädlichen Folgen für die Menschheitsentwicklung.

Wie das sozial Heterogene an Sinnsphären, Weltbildstrukturen, die Pluralität an Sinngebilden, die Differenz der Lebensformen erhalten, aber harmonisch im Ganzen abzustimmen ist, kann selbst nur aus der Grundwissenschaft bestimmt werden und ist etwa im "Urbild der Menschheit" allgemeinverständlich, hinsichtlich Recht und anderer Bereiche in gesonderten Schriften KRAUSES enthalten. Die Ästhetik selbst, als Lehre vom Schönen hat ebenfalls eine grundwissenschaftliche Begründung und ist in den ästhetischen Schriften Krauses entwickelt dargestellt. Das Buch: "Die Vollendete Kunst" greift die Problematik auf, legt auch dar, wie das Differente, Heterogene in allen Kunstrichtungen der Moderne evolutionslogisch einzustufen und vor allem in einem, diese Richtungen nicht zwanghaft totalisierenden All-Zusammenhang erkannt werden können und müssen. In diesem Sinne überschreitet dieses Buch die Unbestimmtheiten und Mängel der Postmoderne und ihrer Theorie, das Ganze der Moderne zu erfassen. Das Differente, Heterogene, Einzelne, die "originäre Vielzahl" der Ansätze, die sich ja teilweise heftig bekämpfen, heute aber bereits auch wieder überschneiden, wird ebenfalls von uns als Einzelnes, Reales erkannt, und in seiner partialen Individualität anerkannt und gegen unzulässige Verdrängung, Vernachlässigung, Ausscheidung Ablehnung geschützt, aber alles Einzelne, Partielle, Differente, Heterogene wird in unter dem Unendlichen, Unbedingten, Einen deduktiv erkannt und erhält in diesem Unendlichen All seinen bestimmten Platz als Einzelnes, ohne Verdrängung, aber auch ohne Überbetonung, Überbewertung usw. (z.B. haben die Malerei Kandinskys, Klees, Bills darin ebenso ihren Platz, wie der Fotorealismus, die Surrealismus oder die Concept Art und die Bilder David Salles.) Wenn die Malerei aber wirklich das Ganze werden soll, und im Ganzen ein harmonisch gegliedertes pluralistisches Gebilde von Gebilden und Strukturen des Differenten und Heterogenen, was das höchste - von ihr selbst nicht erkannte und anerkannte - Postulat der Postmoderne wäre, dann sind im Buch: "Die Vollendete Kunst" die theoretischen Grundlagen hiefür enthalten. Auch sind darin bereits die Anregungen angeführt, wie die Beschränkungen und Begrenzungen, sowie Einseitigkeiten und Mängel der modernen Kunsttheorien zu beheben sind.

Die transversale Vernunft ist tatsächlich nicht die ganze Vernunft, auch nicht ihre Grundform. Die ganze Vernunft umfasst die Fähigkeit des Menschen mit der göttlichen Vernunft vereinigt gott-endähnlich zu erkennen. Die diesbezüglichen Entwicklungsmöglichkeiten entsprechender Vernunftkonzepte werden hier angedeutet.

Die Grundform der menschlichen Vernunft ist daher in der göttlichen Vernunft gelegen, fundiert und die göttliche ist für die menschliche konstitutiv. Die Transversalität der menschlichen Vernunft ist daher nur eine innere, abgeleitete Funktion der ganzen menschlichen Vernunft, die aber selbst erst in unter den unendlichen göttlichen Vernunftkategorien letztlich adäquat erkannt werden kann. Die höchste Grundform der menschlichen Vernunft ist daher durch die göttlichen Kategorien der Grundwissenschaft konstituiert.

3.2. Grundwissenschaft und die Ordnung der Ordnungen bei WALDENFELS

Das menschliche Erkenntnisvermögen wird über erkenntnistheoretische Thesen formuliert, die ihm jeweils eigene Grenzen ziehen. Die menschlichen Erkenntnisfähigkeit wird eine Funktion dieser Grenze.

Wie erscheinen nun die 5 verschiedenen oben erfassten anderen Grenzziehungsverfahren als Andere, wenn sie jeweils mit dem Eigenen der Grenztheorem sich an der Schwelle oder Grenze begegnen? Die Antwort aus dem Eigenen des Grenztheorem heraus, als der "responsiven Rationalität"(Grenztheorem), ist so einfach wie bedenklich:

Nach Waldenfels müsste gelten: „Die verschiedenen Grenzordnungen weisen auf eine fundamentale Fraglichkeit der Grenze, die keine endgültige Beantwortung zulässt; denn damit wäre die Grenze wieder eingemeindet. Stattdessen fordert sie zu Antworten heraus, in deren wechselnder Gestalt sich ein jeweils verschiedener Umgang mit Grenze bekundet."

Wenn jegliche Grenzordnung auf die fundamentale Fraglichkeit der Grenze hinweist, dann unterliegt natürlich auch das Grenztheorem dieser fundamentalen Fraglichkeit und ist selbst aufzuheben oder aber muss sich gegenüber allen anderen Arten von Grenzordnung ,die wir hier unter M(1) bis M(5) darstellten, in seiner eigenen fundamentalen Fraglichkeit "neutral" "indifferent" und "tolerant" jedenfalls nicht "abgrenzend" "ausschließend" usw. verhalten. Auch die Grenzen des Grenztheorem selbst sind ja fundamental fraglich, sie besäßen ja überhaupt keinen "operationellen Wert" gegenüber anderen Grundordungsverfahren. Wie kann eine These, die jegliche Grenzziehungsmethode der Rationalität als fundamental fraglich ansieht, mehr sein, als ein Stück glitschige unfassbare Seife, das einem im Wasser immer wieder aus der Hand gleitet. Müsste nicht der Vertreter des Grenztheorem sagen: "Da auch mein eigenenes Grenztheorem fundamental fraglich ist, muss ich hier die Auseinandersetzung an der Schwelle zum Anderen als M(1) bis M(5) beenden." ?  Auch hier entsteht die Frage nach der selbstreferentiellen Konsistenz.

Wir stellen noch eine andere Frage. Wo in der Ordnung M(1) bis M(5) wäre das Grenztheorem selbst einzuordnen? Nach unserer Ansicht sicherlich im Bereiche M(3). (Waldenfels könnte natürlich auch sagen, das Grenztheorem sei Eigenes gegen alle M(1) bis M(5) als Andere!) Während in M(2) etwa die Annahme erfahrungsunabhängiger Begriffe der formalen Logik und Mathematik, sowie die Möglichkeit anderer derartiger Begriffe für jeglichen Theorieaufbau angenommen wird, also bestimmte Allgemeinbegriffe als gegeben angenommen werden, und dies auch in den Subjektphilosophien KANTS und des frühen WITTGENSTEINS postuliert wird ( Kategorien aus den Formen der Urteile bei KANT und formale Logik bei WITTGENSTEIN), erscheint in den komplexeren Ansätzen der kommunikativen Vernunft die Basis der jeglichem Diskurs entzogener Allgemeinbegriffe auf formale Bereiche begrenzt, wobei die Theorien selbst jedoch - ohne dies ausdrücklich zuzugeben- Allgemeingültigkeit voraussetzen. (Vgl. etwa die Kritik der kommunikativen Ansätze HABERMAS in "Die Vollendete Kunst"). Ähnliches gilt wohl auch vom Grenztheorem. Es wird jegliche Allgemeinheit, also jegliche Möglichkeit der Erstellung von Allgemeinbegriffen, ganzheitlichen Erfassbarkeiten, Gesamtheiten als fundamental fraglich angesehen, aber zweifelsohne mit diesen Ansichten nicht Ernst gemacht, soweit es die eigenen Ansichten von Grenze betrifft. Wenn jegliche Grenze fundamental fraglich ist, ist es auch die Grenze, die in Grenztheorem gegenüber allen bisherigen Grenzordnungen (M(1) bis M(5) gezogen wird. Das Instrument, der Begriff "Grenze" selbst, wird unbrauchbar, stumpf oder verfällt der Beliebigkeit. Wir fahren dann mit dem Schiff Grenztheorem natürlich ohne Richtung, weil dies wieder feste Grenze voraussetzt, (vielleicht nach Zufall oder einem sich dauernd ändernden Kurs?) in den anderen Ordnungen M(1) bis M(5) nach Gutdünken umher, erfahren selbst im Grenzverkehr Veränderungen, bleiben dabei aber einseitiges Eigenes, und wissen, dass diese Reise in ihrer Beliebigkeit stets nur neue fundamental fragliche neue Grenzen erreichte. Die von Waldenfels gegenüber den anderen Grenzordnungen vorgebrachten Einwände verlieren hierbei aber sicherlich jegliche Relevanz.

Stellen die Ordnungen M(1) bis M(5) im Sinne Waldenfels vertikale Ordnungen mit Überschneidungen dar, sind es Reihen oder Netze, Texturen oder Ähnlichkeitkreise, Formen eines lateralen Universalen, das aber auch Ränder und Lücken gegeneinander besitzt. Wieder erhebt sich die Frage, sind das schon alle Ordnungen in diesem Bereich, gibt es noch neue, gar unendlich viele? Oder gibt es doch bestimmte Arten, innerhalb deren sich jeweils eigene Entwicklungen abzeichnen, wie etwa in der Entwicklung des Logischen Empirismus, wie ihn etwa Stegmüller nachzeichnet? Sind die teilweise sehr metaphorischen Begriffe des Grenztheorems den Beziehungen der Grenzordnungen M(1) zu M(2), usw. "adäquat", oder ist eine solche Frage im Grenztheorem überhaupt ausgeklammert?

Wir schlagen hier abschließend ein Toleranzpostulat vor, dass so lange gelten möge, bis sich die Menschheit in allen Denkrichtungen bis zu M(5) weiterentwickelt hat:  

Vertreter der verschiedenen Standpunkte MI(1), MI(2) .. MI(5) können sagen: Wir ziehen hinsichtlich des menschlichen Erkenntnisvermögens zwar die Grenzen a, b, c usw., können aber damit nicht ausschließen, dass für andere Menschen auf Grund deren Erkenntniskonfiguration von uns für uns geleugnete Grenzen nicht bestehen. Mit der von uns für uns erfolgten Grenzziehung beabsichtigen wir nicht, diese Grenze für das menschliche Erkenntnisvermögen ALLGEMEIN und grundsätzlich zu behaupten.

3.2.1. Theorien über die Wahrheit und Grundwissenschaft

Die Antwort auf die Frage, wann einer Erkenntnis Wahrheit zukommt, ergibt sich zweifelsohne jeweils unterschiedlich aus den Grenzen die man in MI(1) bis MI(5) dem menschlichen Erkenntnisvermögen zu- oder abspricht. Es ist ein weiteres interessantes Phänomen des menschlichen Erkenntnisvermögens, dass es heute bereits eine Vielzahl solcher Wahrheitstheorien gibt, die ebenfalls nach dem Grenztheorem vertikale Ordnungen, Netzwerke usw. darstellen, die zeigen, wie unterschiedlich allein diese Frage in der Theorie über die menschliche Erkenntnis behandelt wird.

Korrespondenztheorien (Abbildtheorien)

Realistische Semantik

Abbildtheorie Wittgensteins im Tractatus

Freges Semantik

Korrespondenztheorie bei Russel

Korrespondenztheorien des Logischen Empirismus

Carnapsche Methode der Extensionen und Intensionen

Carnaps Begriff der "Verifizierbarkeit"

Poppers Begriff der "Falsifizierbarkeit"

Carnaps Begriffe der "Bestätigungsfähigkeit" und "Prüfbarkeit"

Austins Korrespondenztheorie

Tarskis semantischer Wahrheitsbegriff

Kohärenztheorie des Logischen Empirismus

Redundanztheorie

Widerspiegelungstheorie des Dialektischen Materialismus

mit Praxiskriterium und Annäherungstheorie

Evidenztheorien

Brentano

Husserl

Pragmatische Wahrheitstheorien

Pragmatisch semantische Theorie der Sprachphilosophie Wittgensteins

Pragmatisch-linguistische Relativitätstheorie bei Humbolt, Sapir und Whorf

Transzendental-pragmatische kommunikationistische Annähe­rungstheorie bei Pierce und Apel(vgl. ...und 3.3.3.)

Pragmatische Annäherungstheorie bei James

Intersubjektivitäts- und Konsenstheorie bei Kamlah und Lorenzen

Diskursive Konsenstheorie bei HABERMAS

Theorie der transversalen Vernunft bei WELSCH

Theorie der responsiven Vernunft bei Waldenfels

Hermeneutisch - zirkuläre Annäherungstheorien

Transpersonale Wahrheitstheorien

Begriff der Wahrheit bei Jaspers

Transpersonal-psychologische Richtungen z.B. bei Jung, Maslow, Assagioli, Bucke, usw.

Theosophische, pansophische und andere mystische Systeme.

Wahrheitsbegriff des MI(5).  

Wahr erkannt wird alles, wenn es so erkannt wird, wie es an oder in unter dem Unendlichen und unbedingten Grundwesen ist, dessen Erkenntnis dem Menschen möglich ist und wenn der Menschen gott-endähnlich nach den Begriffen der göttlichen Rationalität erkennt.

Fragen wir uns wiederum nach der Grenze zwischen allen diesen Ordnungen, als des Anderen zum Grenztheorem als einseitig Eigenem, so wird wieder klar: Was als Wahrheit zu gelten hat, unterliegt fundamentaler Fraglichkeit, denn sonst würde irgendeine Grenze irgendeiner dieser Ordnungen wieder fixiert und eingemeindet. Aber auch diese einseitig eigene Wahrheitstheorie des Grenztheorems wäre selbst wiederum fundamental fraglich usw. (vgl. unter b.c.c.) Das Wahrheitsschiff des Grenztheorem würde, jeden Tag seine Gestalt ändernd, durch die anderen Wahrheitstheorien fahren, an den Schwellen sich jeweils verändern, ohne dass jemals eine Änderung dieser Art der Reise erfolgte.

Ist es angebracht, alle diese Wahrheitstheorien einfach als vertikale Ordnungen mit Überschneidungen, als Netze, Texturen, Ähnlichkeitskreise, wohl auch  mit Lücken und Rändern zu beschreiben? Geht da nicht eine Vielzahl von Differentem verloren, wird da nicht wieder auf Kosten eines Eigenen - Ganzen dem Anderen Gewalt angetan? Ist nicht das Grenztheorem für verschieden Differentes in der Frage der Grenze selbst blind?  Stehen nicht diese Wahrheitstheorien selbst in einer bestimmten Beziehung zueinander im Sinne einer zunehmenden "Erweiterung" des Grenzbegriffes selbst, bis im M(5) überhaupt alle Grenzen in unter dem Unendlichen deduktiv erkannt werden? Diese Sichtweise kann im Grenztheorem überhaupt nicht anerkannt werden.

3.2.2. Begriffsvielfalt zur Erfassung der Beziehung der Vielfalt der Ordnungen

Unsere Ebenen, Schichten, Individualsphären aller Mitglieder des Systems (Minoritäten, progressive und konservative Subkulturen), die natürliche Umwelt, die innerpsychischen Gegensätze aller Subjekte ( als Anderes des Eigenen usw.), die sozialen Gegensätze ( Des Anderen im Eigenen als soziale Kontingenz)  sind begrenzte Ordnungsbereiche im Sinne Waldenfels , die alle einander nicht nur überschneiden, sondern sogar in erheblichen Maßen durchdringen. Wir können sie mit Begriffen wie "Beeinflussung", "Wechselwirkung" "dialektischen Vermittlung", "Bestimmung" formulieren, aber auch als Überlappungen, horizontale , wohl auch vertikale Verknüpfungsformen, die auch als Reihen, Netze, Texturen, Ähnlichkeitskreise gesehen werden können, alles Formen eines "lateralen Universalen", das aber auch "Ränder" und "Lücken" gegeneinander besitzt. Hat aber eine solche "responsive Rationalität", die selbst wiederum zum Ganzen wird, das bisher noch ausständig war, allumfassendes Ganzes ist", selbst wiederum Totalisierung aller Ordnungen in einer neuen Ordnung bedeutet, wiederum Universalisierung durch Formalisierung mit sich bringt, ein Drittes wird, das über allen Ordnungen steht, und sie verwaltet, hat diese neue Form der Rationalität - ein neues Glied in der Umgestaltung der Rationalität - nicht wiederum selbst größte Schwierigkeiten, die Komplexität allein im grünen Sozialsystem irgendwie "zufriedenstellend" zu erfassen. Kann dies wirklich mit den Postulaten hinsichtlich des Umganges mit Grenze erreicht werden, ohne eine Vielzahl von Fragen der menschlichen Sozialität auszuklammern, als Anderes wiederum auszustoßen?

3.3. Unendlichkeit, Grenze und Göttliche Rationalität

Wer nur einen kurzen Blick in die Geschichte der Mathematik der letzten 200 Jahre wirft, bemerkt, dass die erkenntnistheoretische Frage des Unendlichen auch die Grundlagen der Mathematik schwer betroffen hat. Wir halten hier nur kurz fest, dass die Probleme, welche die Unendlichkeitskalküle Cantors nach sich zogen, in der hier erwähnten Grundwissenschaft "zufriedenstellend" gelöst werden. Hier muss ich auf meine Ausführungen in der neuen Einleitung zu den "Vorlesungen über das System der Philosophie" und die Kapitel in der "Vollendeten Kunst" hinweisen. Wenn es einen unendlichen und unbedingten Sachgrund, nämlich das Grundwesen gibt, dann ist dieses auch Grundlage aller mathematischen Disziplinen. Nur wenn sachlich ein Unendliches, Unbedingtes ist, kann es Grundlage der Wissenschaft sein. Falls dies so ist, sind aber alle Grenzheiten, die Kategorie der Grenze selbst, erst deduktive Kategorien in unter dem Unendlichen, Ganzen. Auch in den Raummetaphern, die Waldenfels selbst ständig benützt, ergibt sich dann eine andere Grundlage der Metaphorik selbst. Denn es gibt dann eben ein Ganzes, Eines, das ÜBER aller Grenzheit ist. (vgl. den Begriff der Grenze deduktiv in der Grundwissenschaft, S.414 der "Vorlesungen über das System der Philosophie"). Die Schau des Einen, unendlichen Ganzen führt aber nicht, wie die Postmoderne glaubt, zu einer Vernachlässigung, Eindünnung und Entdimensionierung des Vielen, Differenten, konkret Kontingenten, sondern erfordert eigentlich gerade das Gegenteil. Das Endliche, Teilheitliche, Differente ist in sich unendlich teilbar und bestimmbar, weshalb bei der konkreten Analyse des Endlichen überhaupt nicht an eine innere Grenze oder ein Ende gelangt werden kann.

Das Verhältnis der unendlichen und unbedingten Vernunft zu allen bisherigen Vernunfts- und Rationalitätskonzepten ist unter http://or-om.org/krlogikorom.pdf ausführlich dargelegt.

Für alle „einheitsstiftenden“ postmodernen Vernunftkonzepte und deren Weiterbildung ist daher die Lösung des Unendlichkeitsproblems essentiell. Wie sind Teile im unendlichen Ganzen? Ist das Unendliche in sich systematisch strukturiert? Ist dies der Fall, so ergeben sich daraus die formalen und inhaltlichen Kategorien (WELSCH) für den Vernunftgebrauch und für die Behandlung von Grenzen (WALDENFELS).

Metaphorisch sei dies am Beispiel der geraden Linie demonstriert.

Linien sind Raumgebilde mit nur einer Richtung. Wohl aber kann eine Linie in allen drei Richtungen des Rau­mes aus­gedehnt sein.

Nicht begrenzte Linie

Die erste Art von Linien sind solche, die auf keiner der beiden Seiten begrenzt sind.

Linie Y

¥ --------------------------------------------------------- ¥



(1. Stufe der Begrenzung)

 

        f    
  
¥ -----------------------------------¦---------------------------------- ¥
     I                        E

 

Die Linie Y wird durch den Punkt f in 2 Hälften geteilt. Die Linien I und E sind nur mehr in einer Teilrichtung un­endlich, in der anderen endlich. Sie enden beide bei f. Sie haben gegeneinander die Grenze f. Sie sind nur mehr einseitig unendlich. 

 

 

 

(2. Stufe der Begrenzung)

 

f           
 
¥ --------5-------a------5-------¦-----a-----<----------<------  ¥

I                                E

 

 

Die Linie E wird durch die Punkte < und < weiter begrenzt. Es entsteht eine Linie, welche beidseitig endlich ist. Ebenso wird in der Linie I durch die beiden Punkte 5 und 5eine beidseitig endliche Linie gebildet. Und schließlich gibt es unendlich viele beidseitig endliche Linie die wie die Linie zwischen a und a auf I und E gleichzeitig liegen.

 Es gibt keine weitere Art der Begrenzung von Y.  Wohl aber können beidseitig begrenzte Linien  weiter nach innen geteilt, unendlich weiter begrenzt werden. (Vgl. etwa in der Fraktalgeometrie der KOCH­schen Kurve).

3.3.1. Ergebnis für die Raumtheorie

Alle Arten von beidseitig begrenzten Linien sind enthalten in unter der beidseitig unendlichen Linie Y, die nach dem Prinzip von 2 Stufen der Begrenzung nach innen begrenzt wird.

Das Uni-Versum aller beidseitig begrenzten Linien ist in unter Y enthalten, oder Y ist in sich 2 Arten endlicher Linien ( J und E einerseits und ä andererseits). Oder: die Linie Y ist in sich in 2 deutlichen Begrenzungsstufen die All-Heit der erwähnten Linien. Das Endliche ist im Un­endlichen, logisch gestuft, enthalten.

Durch diese Theorie der Unendlichkeiten und der Stufung desselben nach innen, werden die postmodernen Raummetaphern grundlegend verändert und berührt.

Die Postmoderne kann man nach der Metapher dieser Liniendeduktion als einen Philosophietyp verstehen, welcher nur endliche Linien, deren Überlagerungen, Konkurrenz, deren Gegensätze usw., anerkennt, aber die beiden Arten der Linien Y einerseits und I und E andererseits nicht anerkennen will. Damit bleiben  ihre Theorien der endlichen Linie ( bildlich also der in Kontingenz und Endlichkeit gefangenen Koordinierungskonzepte der Vernunft)  selbst kategorial mangelhaft und stehen auch in ständigem Druck anderer Theorien über endliche Linien ( endlicher Vernunftkonzepte)  einerseits und dem Druck sich  weiterbilden, differenzieren und immer neue Aspekte in sich aufnehmen zu müssen.

Wir haben in mehreren Arbeiten für die Erfassung der sozialen Identität einer Person ein Modell benützt, das in seiner Differenziertheit gerade den postmodernen Ansätzen sehr entgegenkommt. Identität wird erfasst als etwa grüne Identität, die durch die von der grünen Gesellschaft auf das Ich wirkenden Faktoren Sprache, Politik, Wirtschaft, Kultur usw. nach dem obigen Modell mit 6 Faktoren und deren Details bestimmt ist (Bild 1).

Das grüne System erzeugt eine grüne Identität ( auf die Frage sozialinvarianter Elemente der Identität gehen wir hier nicht ein). Das Mitglied der Gesellschaft hat grüne Brillen auf und sieht daher alles um sich grün!. Wir nehmen nun an, eine grüne Person käme in ein lila System (als Forscher, Reisender usw.). Sie sieht die dort für die lila Subjekte sich als lila darstellende, und von diesen durch lila betrachteten Sozialdeterminanten, durch ihre grüne Brille, sieht also lila durch grün verzerrt. Wir haben bereits für bestimmte Menschengruppen, wie die Gastarbeiter die enormen Probleme dargestellt, die sich hieraus ergeben. Es ist jedenfalls sicher, dass diese Konflikte, die in der grünen Identität durch diese Konfrontation mit den lila Systemdeterminanten in allen 6 Faktoren entstehen, nicht mit dem einfachen Modell eines Grenztheorems nach WALDENFELS oder den formalen Instrumenten der transversalen Vernunft bei WELSCH ausreichend different erfasst werden können. 

Zum einen erscheint die Formulierung der Identität über den Begriff des Eigenen mit Einsprenkelungen des Anderen zu wenig differenziert, um überhaupt eine grüne Identität zu erfassen, zum anderen ergeben sich für die grüne Identität eine Vielzahl von in ihrer Art sehr unterschiedlichen Grenzen gegenüber dem lila System. Die Prozesse der Integration einer grünen Person in einem lila System oder umgekehrt erfordern sicherlich eine wesentlich komplexere Theorie, als dies im Grenztheorem angeboten wird.

( Vgl. etwa unsere Analysen hinsichtlich der roten Gastarbeiter im grünen System in "Gastarbeiter zwischen Integration und Abstoßung".).

3.3.2. Was kann nach der Postmoderne kommen?

Die bisherige Untersuchung zeigt: Die postmodernen Ansätze bilden in den hochindustrialisierten Ländern selbst nur eine Partialrationalität, und konkurrieren im Wissenschaftsbetrieb mit anderen, teils einflussreicheren Theoremen. Nach wie vor besitzen dialektisch-kommunikationistische und hermeneutische Theorien  (M(3), vor allem aber der Logische Empirismus M(2) als eines der Grundparadigmen der Naturwissenschaften ( nur teilweise durch die logischen Probleme der Quantenphysik aufgelockert) soziale Bedeutung. Versuche interdisziplinärer Verbindungen sind zu bemerken. Schließlich bilden sich aber in den letzten Jahrzehnten eher an den Rändern des etablierten Wissenschaftsbetriebes eine Vielzahl von teils für überholt gehaltene Strömungen, teils völlig neue magische, mythische und mystische Disziplinen aus, die  man mit dem Begriff "New Age"-Bewegung zusammenfasst. Die Bezeichnung geht auf eine uralte Lehre vom Tierkreis und eine kosmische Astrologie zurück, wonach diese Erde derzeit nach dem Fischzeitalter nunmehr am Beginn des Wassermannzeitalters, in der 9. Offenbarung steht. (Vgl. hiezu etwa P.Norelli Bachelet: Der Gnostische Kreis. Astrologie des Zukunftsmenschen.) Die Menschheit nähert sich in dieser Phase zunehmend einer Synthese in einer harmonischen planetaren Menschheit.

Betrachtet man die Postmoderne im Zusammenhang der bisherigen Vernunfttradition, so fällt die Gewichtung der Erkenntnisinteressen und Vorzüge auf: Heterogene Vielfalt und differente Partialität, eben die Charakteristika der postmodernen Gesellschaftlichkeit,  werden betont untersucht, akzentuiert erhalten, Einheit, Allgemeinheitlichkeit, Universalität, Ganzheit, Unendlichkeit, und im weiteren Synthese, Synopsis, Allheit, Integration und Harmonie sind eher völlig aus der Betrachtung eliminiert, gelten als Irr-Kategien, Wahn, Anmaßung, Verschleierung, transzendentale Gewalt, die in der Vernunftgeschichte, als schlechte Tradition und überholt anzusehen wären.

 In den Industriestaaten sind daher heute gleichzeitig Denkrichtungen, welche Integrationen und Synthesen forcieren neben solchen, die integratives und synthetisierendes Ordnen heftig ablehnen, vorhanden. Der "Konkurrenzkampf" dieser Ansätze, in den Gesellschaften, selbst natürlich wiederum schichtspezifisch verteilt, bildet ein typisches Spezifikum des Systems. Die gesamte Bandbreite (Nebenordnung) und Bandstruktur (Hierarchie) dieser Ansätze entwickelt sich als interdependentes Spannungsfeld weiter. Dies sind in Sinne der Evolutionstheorie der Grundwissenschaft typische Erscheinungen im 2. und 3. Abschnitt des II. Hauptlebensalters (Ausbildung alles Einzelnen unter Lösung aus allen autoritären Bindungen eines Übergeordneten, exzessive Einzelentwicklung und schließlich integrative  Versuche der Verbindung und Abstimmung des Einzelnen mit neben- und übergeordneten Anderen aber jetzt freiwillig, ohne Zwang und noch ohne die Einsicht in die Allharmonien des III. Hauptlebensalters, welches der Erkenntnisstufe M(5) entspricht. (Näheres in "Die Vollendete Kunst“ und Krauses Lebenlehre).

Auch alle Richtungen die das Verhältnis des Einen zum Vielen, des Ganzen zu Teilen und des Gleichen zum Differenten behandeln, mit jeweils einseitigen Überbetonungen bestimmter An- und Inteile, bei Vernachlässigung der anderen, gehen diesen Weg der Evolution, wobei wir nicht voraussehen können, wie diese Entwicklung in den erwähnten Systemen wann wie ausgehen wird, weil nicht notwendig gefolgert werden kann, ob und wie weit sich diese Systeme in diesen Evolutionsprofilen noch weiterbilden, vor allen welche Mischungen und Varianten es noch geben wird, die wieder in anderer Richtung teilirrig, einseitig und mangelhaft, gleichsam teilkrank sein werden.

Wohl aber können wir heute schon wissen, wie sich diese Ansätze schließlich entwickeln müssten, um die Allharmonie der Erkenntnisstufe M(5) zu erreichen, um damit das Zeitalter der Allharmonie zu beginnen. Dieses Wissen könnte schon heute alle teilverbildeten Ansätze in M(1) bis M(4) schlagartig verbessern, aber es ist hiezu ja nicht ausreichend, dass bestimmte Personen dieses Wissen besitzen, sondern dass jeder durch eigenes Studium und Einsicht dazu gelangt, einzusehen, dass dies die optimalen Lösungen in den geschilderten Problemlagen darstellt. Jegliche Art von Gewalt oder Zwang zur Durchsetzung solcher Ansichten wären gegen die Grundsätze des Systems M(5), wie auch diese Ansicht selbst keiner anderen Grenzordnung Gewalt antut, oder sie zu verdrängen sucht.

Für die Postmoderne wäre insbesondere die Behebung folgender Vorurteile, die ihr selbst im Wege stehen, erforderlich.

* Es gibt ein Unendliches Ganzes, das formales und inhaltliches Prinzip ist, und in dem deduktiv gegliedert alles Partiale enthalten ist. Diese Gliederung des Ganzen in der Grundwissenschaft tut keinem Partialen Gewalt an, und erfordert im Gegensatz zu bisherigen totalisierenden Ansätzen eine scharfsinnige und minutiöse Analyse alles Einzelnen, geschichtlich Realisierten, wenn auch das Endliche selbst stets unendlich teilbar und bestimmbar ist und daher diese Untersuchung des Endlichen nie zu einem Ende kommen kann. Sie erfordert aber ebenso genaue Untersuchung des Idealen,  das seine erkenntnistheoretische Begründung aber niemals nur aus dem Endlichen sondern nur aus dem Ganzen, Unendlichen und Unbedingten deduktiv gewinnen kann. So kann das Ideal einer allharmonischen Menschheit niemals aus den bisherigen historischen Gegebenheiten und Formationen gewonnen werden. Was heute noch in Schulen gespalten ist, nämlich ein konstruktives Denken mit Hang zur Integration und ein Denken, das jegliche Allgemeinheit und Universalität dekonstruktiv bekämpft, wird in den Wissenschaftsprinzipien der Grundwissenschaft als Teilrichtung im Gesamten erfasst. Deduktion als Ableitung des zu Erkennenden an oder in unter Gott, Intuition als Erkenntnis des Gegenstandes mit Sinnlichkeit, Phantasie und Begriff und Konstruktion als Vereinigung der beiden Richtungen.

* Die Mängel der bisherigen sowohl formalen als auch dialektischen Logik (inklusive der HEGELschen) provozieren zwar eine Abneigung gegen neuerliche Versuche einer synthetisierenden, integrativen, ganzheitlichen Denkstruktur, ganz abgesehen von der Frage, wann eine Denkstruktur adäquat zum Objekt, also "objektiv wahr" sein könnte.

 Die aus der Grundwissenschaft deduzierte Synthetische Logik - als neue Inhaltslogik - und Mathematik reichen aber über die bisherigen Begründungsversuche dieser Disziplinen weit hinaus, und bringen "befriedigende" Lösungen für die Probleme der Unendlichkeit und ihres Verhältnisses zum Endlichen. Damit wird insbesondere die Grundlagenkrise in der Mathematik seit Cantor behoben und die formale Logik als "objektiv, sachlich inadäquat" und formal mangelhaft ausgewiesen. Die Grundwissenschaft auch als Ganzheitswissenschaft hat daher keinerlei totalisierende Züge im Sinne faschistoider Machtgelüste im Wissenschaftsbetrieb oder in der Politik und in der Ästhetik.

* Die Grundwissenschaft ist Erste Philosophie und Meta-System, die zu allen bisherigen Entwürfen in einem bestimmten Verhältnis steht .

Die Beziehung zwischen der Neuen Ästhetik in der Grundwissenschaft und der Postmoderne in der bildenden Kunst und den Theorien über dieselbe in diesem Jahrhundert habe ich ausführlich in der "Vollendeten Kunst" dargestellt.

Hinsichtlich der sozialen Durchsetzbarkeit dieser Grundwissenschaft gilt übrigens, dass nach seiner eigenen Ethik diese Grundsätze nur mit guten Mitteln, niemals also durch körperliche oder geistige Gewalt, List oder Autorität durchgesetzt und verwirklicht werden dürfen, wobei der Begriff "gut“ sich selbst neu aus der Grundwissenschaft ergibt.

3.3.3. Gibt es Universalität?

Unsere Darstellung zeigt einige Facetten der Frage nach universellen Kriterien menschlicher Gesellschaftlichkeit, die mit der Frage nach einer harmonischen Weltgesellschaft gleichzusetzen ist. Gibt es einen wissenschaftlichen Weg, solche Universalien zu finden? Oder müssen wir - wie uns die Postmoderne nahe legen will - auf jegliche Allgemeingültigkeit der Begrifflichkeit selbst verzichten, zugunsten heterogener Ordnungen des Differenten? Hat der europäische Geist in seiner Tradition der epistemischen Rationalität irgendetwas zur Universalität der Rationalität beitragen können, oder gerät er heute in die Konkurrenz mit anderen Rationalitätsentwürfen, wobei dann alle nach den postmodernen Postulaten  miteinander umzugehen hätten?  Wir glauben, dass die Postmoderne bestimmte "epistemologische Stellen" der europäischen Denktradition selbst nicht ausreichend berücksichtigt und daher in Mängel verfällt, die sie anderen anlastet.

Offensichtlich ist es auch heute noch für den "europäischen Geist" schwierig, sich der Anregung zu nähern, dass es eine undogmatische Möglichkeit der Begründung der menschlichen Rationalität in der göttlichen geben kann. Mit dieser Möglichkeit, die hier wiederum aufgezeigt wird, steht und fällt jedoch, trotz der bedenklichen Erfahrungen, die mit einigen der bisherigen Entwürfen in dieser Richtung gemacht wurden, auch die logische Möglichkeit der Begründung einer Universalität der planetaren menschlichen Gesellschaftlichkeit. Aus der hier dargestellten Universalität heraus erweist sich aber dann auch, dass diese nicht eine des europäischen Geistes sein kann, wenn auch dieser seinen Anteil zur Gewinnung der Universalität beitrug.

Wenn es eine Universalität gibt, kann sie nicht aus einem nationalen oder kontinentalen Geist entstehen, aus diesem abgeleitet oder auf diesen zurückgeführt werden, sondern muss als planetare alle kontinentalen Aspekte in sich enthalten aber auch alle in ihrer Neuheit überschreiten.

Diese Rationalität ist natürlich auch in der Lage, alle jene Einwände gleich selbst aufzuführen, welches das postmoderne oder ein ähnliches Denken gegen sie vorbringen wird: "Totalisierung, spekulatives Einheitsdenken mit mit Tendenz zu kategorialer Zwangsherrschaft, bedrohliche Allheitsphantasmen usw. Wenn aber die Postmoderne ihre eigenen Postulate nur einigermaßen ernst nimmt und realisieren will, müsste sie diese neuen Rationalität zumindest als Heterogenes, Differentes und Anderes in "ihrem Ganzen" anerkennen, sie müsste es im Rahmen der formalen Prinzipien der „reinen“ Transversalität ihrer Vernunft wenigstens prüfen. Sie müsste mit ihm an einer Grenze verkehren und dürfte es nicht wiederum ausklammern.

Nun hat sich auch in der Gegenwartsphilosophie die Vorstellung universaler rationaler Geltungsansprüche in Form der  von jeder Theorie der Rationalität menschlicher Kommunikation vorausgesetzten Rationalität des kommunikativen Diskurses erhalten (APEL, HABERMAS). Die Prüfung des universalen Wahrheitsanspruches einer Hypothese setzt nach APEL prinzipiell eine ideale Argumentations- und Kommunikationsgemeinschaft  voraus.

`Im Argumentieren können wir - selbst wenn wir nur Hypothesen aufstellen- nicht darauf verzichten, Ansprüche auf jene universale Wahrheit zu erheben, die für jedermann gültig sein soll und folglich für jedes mögliche Mitglied des unbegrenzten >Systems< einer idealen Kommunikationsgemeinschaft akzeptierbar sein muss.`

Auf dieses Konzept einer „konsensual-kommunikativen Rationalität“ kann hier nicht eingegangen werden. Nur folgendes sei zu seinem Universalitätsanspruch gesagt:

Y Die apriorische Voraussetzung und Bedingung der Möglichkeit des erwähnten universalen Wahrheitsanspruches stellt in dieser Form insoweit bereits eine evolutionslogische Hemmung der Entwicklung der menschlichen Vernunftkonzepte dar, als ihr Wahrheitskonzept, wie wir hier zeigen, dann überholt ist, wenn für den Menschen eine Verankerung  der Rationalität in der göttlichen Rationalität möglich ist, durch welche sie dann aber auch inhaltlich anders bestimmt wird.

Y Die These, dass Wahrheit als ein Grenzwert oder Ideal universaler intersubjektiver Gültigkeit konzipiert sei, der oder das durch einen unendlichen Fortschritt der Forschung zu erreichen wäre, ist selbst insoweit dogmatisch, als die Wahrheit dieser These selbst - um argumentativ sinnvoll und wahr zu sein - eben aus dem approximativen Fortschrittsprozess bezüglich der Wahrheit - je und immer schon herausgenommen, also eine jenseits jeder Evolution wahre These sein und bleiben müsste. Diese These über die Wahrheit könnte daher selbst durch konsensual-kommunikative Argumentation nicht mehr verändert werden. Insoweit ist sie auf sich selbst bezogen dogmatisch. Ihre Legitimierung durch sich selbst kann nicht gelingen, weil sie den Implikationen widerspricht, die sie für den Geltungsanspruch von Wahrheit erhebt. Welche Kriterien hätten wir, um die These selbst als wahr zu sichern. Ist sie nicht schon ein vorweggenommen Wahres, oder ein Wahres, das jeder Evolution der menschlichen Rationalität immer entzogen wäre? Wäre sie aber umgekehrt, wie wir es sehen, eine nur auf ein bestimmtes Evolutionsniveau bezogen wahre These, könnte und müsste sie sich in einer anderen Evolutionsphase ändern.

Y Die Annahme, dass es für die Auffindung der Wahrheit  von Erkenntnissen einer Kommunikationsgemeinschaft bedürfe, die durch Konsens gleichsam die Wahrheit zunehmend regulativ auffinden würde, ist insoweit sachlich teilweise unrichtig, als bei Gegebensein eines unendlichen und unbedingten Grundwesen die Wahrheitskriterien sich aus den inhaltlichen Implikationen der unendlichen Essenz und ihrer inneren Gliederung ergeben. Ist eine solche Grundlage existent und für den Menschen grundsätzlich auch erkennbar, ergeben sich daraus andere Folgerungen für die Wahrheit in der wissenschaftlichen Forschung. Gegenüber denjenigen Bestimmungsfaktoren , welche die Wahrheit der Erkenntnis oder Aussage vom Gegenstand der Erkenntnis her zu erfahren hat, ist der linguistisch- konsensuale Aspekt der Erkenntnis sicherlich nachrangig. Die Wahrheit des Erkannten ist hinsichtlich ihre Inhaltes keineswegs eine Funktion der Kommunikationsgemeinschaft. Der Konsens der Kommunikationsgemeinschaft ist für die Wahrheit des Inhaltes nicht konstitutiv.

Y Das Ideal einer unbegrenzten Kommunikationsgemeinschaft enthält in sich aber auf jeden Fall - trotz der dargestellten Mängel - das Gebot, auch die mit diesen Zeilen von einem Mitglied in dieser Kommunikationsgemeinschaft der Argumentierenden vorgebrachten Argumente in Rahmen ihrer eigenen Grenzen zu prüfen. Dies könnte nach ihren eigenen Annahmen dazu führen, dass sie sich im Sinne der Prinzipien der Grundwissenschaft zwar nicht aufhebt, ,wohl aber hinsichtlich ihres transzendentalpragmatischen kommunikativen Vernunftkonzeptes und dessen universalen Geltungsansprüchen selbst überholt, weiterbildet und vollendet. [1]

3.3.4. Interkulturelle Theorie der Vernunft

Die Überlegung, dass es eine ethnozentristische „europäische“ Vernunfttradition gäbe, die im Rahmen der interkulturellen Verflechtungen,  in ihren Grundfesten paradigmatisch erschüttert, durch eine Theorie der interkulturellen Vernunft  zu ersetzen sei, wird etwa von MALL vorgebracht. Zu prüfen wird allerdings sein, ob dieses Konzept tatsächlich so stark von bisherigen Vernunftkonzepten abweicht, dass man von einem Paradigmenwechsel sprechen kann.

„Unter der Überschrift „zur interkulturellen Theorie der Vernunft“ plädiere ich für eine Theorie der Vernunft, die interkulturelle Überlappungen aufweist, jenseits der Fiktionen der nur einen Vernunft und der vielen Vernunftformen, was einem Paradigmenwechsel gleichkommt. Darüber hinaus geht es um eine interkulturelle Vernunft als eine überlappende Gegebenheit unter den Kulturschöpfungen. Eine solche Rationalität unterscheidet sich von dem klassischen Paradigma eines starren Vernunftvermögens a priori und weist auf empirischem Wege auf das Zustandekommen einer interkulturellen Vernunft hin. Wir versuchen auf folgende Fragen eine Antwort zu geben: Gibt es die Universalität der Vernunft?  Wie kommt sie zustande? Letzten Endes geht es um eine Verankerung der Vernunft, die weder theologischer noch bloß metaphysisch-spekulativer, sondern eher anthropologischer Natur ist.“„

„Stellen wir die Frage: Wann sind zwei oder mehrere Vernunftbegriffe radikal verschieden und wann nur unterschiedlich, so müsste die Antwort lauten: Sie sind radikal verschieden, wenn sie selbst als Vernunftbegriffe verschieden sind. Sie sind jedoch unterschiedlich, wenn sie als unterschiedliche Vernunftbegriffe aufgefasst werden können. In diesem Fall gehören beide zum Oberbegriff Vernunft.“

„Die metonymische Vernunft weist gerade den Anspruch einer lokalen Vernunft als die Vernunft zurück, weil sie von der Überzeugung ausgeht, dass die eine allgemeine Vernunft zwar der lokalen Vernunftformen bedarf, in ihnen jedoch nicht aufgeht.“

Am Ende zeigt sich, dass die interkulturelle Relativierung der Vernunft nicht die eine allgemeine überlappende, orthaft ortlose Vernunft relativiert, sondern nur den absolutistisch universalistischen Anspruch der einen kulturellen Vernunft dekonstruiert. Darüber hinaus gilt es zu beachten, dass selbst die europäische Vernunft nicht immer eine einheitliche Sprache spricht.

Eine Vernunft, die sehend und fundierend sein will, erfährt eine interkulturelle Begründung und Rechtfertigung. Das indische Konzept des Bewusstseins (cit) könnte in diesem Sinne gedeutet werden. Will aber eine Vernunft darüber hinaus konstitutiv und universell sein, so verliert sie ihre interkulturelle Verankerung, und demzufolge ist sie nicht differenzierend genug. Ferner ist sie diskriminierend, was der Aufgabe einer interkulturellen philosophischen Verständigung im Wege steht, nämlich die anderen zu verstehen und von ihnen verstanden zu werden.

So ist klar, dass es sich bei der interkulturellen Vernunft nicht um eine formal-mathematische und bloß analytisch-definitorische Rationalität handelt, die in dem Formalismus der Logik, Semantik und der formalen Ontologie zum Ausdruck kommt. Eine solche Vernunft ist zwar universell, bleibt jedoch leer. Die so erreichte Universalität bezahlt den hohen Preis der Abstraktion von allen Inhalten. Am anderen Ende gibt es die lokale kulturelle Vernunft, die alle Arten von Skeptizismus und Relativismus unterstützt. In ihrer extremen Form ist eine solche Vernunft nicht in der Lage, Kommunikationen zu fördern.

Die interkulturelle Rationalität weist die leere formale Rationalität in die Schranken der rein formalen Wissenschaften und billigt ihr außerhalb ebenso wenig Geltung zu wie der extrem relativistischen, individualistischen Partikularität. Fast möchte man meinen, dass die interkulturelle Rationalität eher auf die Hegelsche konkrete Universität zielt, diese jedoch im Gegensatz zum Hegelschen Anspruch orthaft ortlos sein lässt und sie nicht stufentheoretisch traktiert. Daher ist die Universalität der interkulturellen Rationalität nicht etwas, was der kulturellen Pluralität von außen aufgestülpt wird; sie ist die Universalität der erlebten Überlappungen jenseits aller Relativismen, Essentialismen und Formalismen.

So wie die eine philosophia perennis mehrere Sprachen spricht und keine Tradition ausschließlich privilegiert, so drückt sich die eine Vernunft in unterschiedlichen Kulturen aus. Die interkulturelle Relativierung der Vernunft bedeutet daher das Zurückweisen des Anspruchs, irgendeine bestimmte kulturelle Sedimentation der Vernunft mit der einen Vernunft gleichzusetzen.

Die überlappende Universalität vernünftigen Denkens lebt in den lokalen, kulturellen Differenzen, transzendiert diese jedoch. Sie verhält sich so wie das Allgemeine, das zwar des Partikulären bedarf, in ihm jedoch nicht ganz aufgeht. Wenn es stimmt, dass es eine überlappende universale Vernunft gibt, dann ist es ein Unding, diese exklusiv mit Adjektiven wie europäische, indisch oder chinesisch belegen zu wollen. Die analogische metonymische Rationalität geht von einer Vernunft als einem überspannenden Rahmen aus und postiert diese in den Überlappungen. Die Adjektive wie europäisch, indisch, chinesisch usw. deuten auf den entsprechenden Kulturkontext hin und das Nomen Vernunft auf die Allgemeinheit derselben in ihrem umspannenden Rahmen. So entpuppt sich die hier  skizzierte Theorie einer interkulturellen Vernunft als ein Plädoyer für eine universale, aber orthaft ortlose Rationalität und weist auf einen Paradigmenwechsel hin.

Zu diesem Paradigma sei unter dem Hintergrund der vorliegenden Überlegungen folgendes ausgeführt :

_ Die Annahme, die Theorie der interkulturellen Vernunft  entgehe selbst a priorischen Vernunftinstanzen, sie enthalte nichts von der einen Vernunft, jenseits deren Ausformungen in verschiedenen Kulturen, sie sei nicht, sondern ereigne sich in der Gestalt von Vermischungen, Kreuzungen, Verwebungen, Teilungen und dem ständigen Austausch, hält den von uns bereits mehrmals erwähnten Kriterien der selbstrefententiellen Konsistenz nicht stand. Die obigen Sätze müssen, um sinnvoll vertretbar zu sein, jenseits allem Sich-Ereignens als Unwerdendes, a priori und unveränderbar, jenseits aller Überlappungen kulturell ausgeprägter Vernunftkonzepte bestehen bleiben. Sie sind jedem interkulturellen Vernunftsdiskurs als unhinterfragbare, transzendentale Struktur und Grundlage der Vernunft entzogen, widersprechen daher ihren eigenen Forderungen und Ansprüchen. Es wird also in den obigen Sätzen, entgegen den Behauptungen derselben, absolutistisch ein universalistischer Anspruch einer -lokal wohl nicht ortbaren und bestimmbaren - Vernunft konstruiert und konstituiert, der selbst keinerlei Grundlage und Begründung  im Paradigma der Theorie der interkulturellen Vernunft  findet, und daher einen eindeutigen Legitimierungsbedarf besitzt! Die obigen Sätze sind gerade das, was sie bekämpfen: Konstitutiv, universell, ohne interkulturelle Verankerung und daher „nicht differenzierend genug“.

_ Es entsteht überdies die weitere Frage, worin sich diese unhinterfragbaren, dem interkulturellen Vernunftdiskurs entzogenen Teile der allgemeinen Vernunft bei MALL von jenen einheitsstiftenden - als ethnozentristisch bezeichneten „europäischen“ Vernunftkonzepten bei APEL/HABERMAS, WELSCH und WALDENFELS unterscheiden. Wenn die letzteren auch in der europäischen Vernunfttradition stehen, werden sie doch mit einem bestimmten Recht geltend machen, dass ihre Vernunftkonzepte keineswegs eine europäische Variante der Vernunfttheorie vortragen, sondern eine universelle, durch interkulturelle Vernunftaspekte nicht veränderbare Instanz in der menschlichen Vernunft „überhaupt“ aufzeigen.

So geht APEL immerhin vom Ideal einer unbegrenzten Kommunikationsgemeinschaft aller Menschen aller Zeiten und Kulturen aus, die transversale Vernunft bei WELSCH weist bereits rein in ihrer Verwaltung des Differenten große Ähnlichkeiten mit der Theorie bei MALL auf und WALDENFELS schreibt bezüglich seiner responsiven Rationalität immerhin:

"Das Übergreifen von einer Ordnung auf die andere, die Verflechtung von Eigenem und Fremden, von Neuem und Altem, setzt weiterhin voraus, dass jemand, der sich redend und handelnd in den Grenzen einer bestimmten Ordnung bewegt, diese Grenzen zugleich überschreitet, ohne sie zu überwinden.." "Was sich hier andeutet, ist eine "responsive Rationalität", die aus einem antwortenden Reden und Tun erwächst und jede bestehende Ordnung sprengt, ohne sie durch eine umfassendere Ordnung zu ersetzen. Möglicher Prüfstein dieser Rationalität wäre der nun schon öfters erwähnte Umgang mit dem Fremden, mit dem alltäglich Fremden, aber auch mit dem historisch Zurückliegenden und dem geographisch Fernliegenden, schließlich auch mit der menschenleeren Natur. Der Kreislauf rückwirkender Aneignung wäre damit ebenso durchbrochen, wie die Bewegung eines unendlichen Fortschreitens. Wenn es hier eine Wende gibt, so fände sie ihren Platz nicht mehr innerhalb der Moderne, aber auch nicht davor oder danach. Anders denken, heißt auch in anderen Dimensionen denken."

Wie wir oben zeigten, enthält die These MALL`s selbst gerade jene Instanzen des Vernunftgebrauches, die von ihr als ethnozentrisch europäisch kritisiert werden.

_ Im Sinne unserer obigen Ausführungen ist davon auszugehen, dass im Rahmen der dargelegten Grundlagen der unendlichen und unbedingten Prinzipien der göttlichen Vernunft alle bisherigen Vernunftkonzepte aller Kulturen evolutionslogisch ihren Platz einnehmen, aber eben auch zu fragen ist, ob sie die „letzten“ oder „höchsten“ Formen der Evolution der menschlichen Vernunft erreicht hätten. Hierbei sind eben auch alle bisherigen Vernunftkonzepte, die von göttlichen Grundlagen der menschlichen Vernunft ausgingen mit der Grundwissenschaft zu vergleichen. Dieser Vergleich stellt eine wichtige künftige Aufgabe der interkulturellen Vernunftdiskusssion dar. Noch sind hier im Wissenschaftsbetrieb Schätze anderer Kulturen erst spärlich erschlossen.

_ Die Theorie der interkulturellen Vernunft, deren interne Mängel hier nur skizziert werden, bildet einerseits, wie die These APEL`s, eine Behinderung für weitere Evolutionsschritte der Vernunftdiskussion, sie kann aber die interkulturelle - planetare - These der Vernunft, die sich aus der WESENLEHRE ergibt, selbst in ihrem eigenen Bezugssystem als eine interkulturelle Lehre prüfen, und sich in dieser selbst weiterbilden. Dabei wird sie auf die Ideen und die Ideale einer allharmonischen Planetenmenschheit stoßen. Eine Lehre die infolge ihrer Beziehungen zur göttlichen Vernunft allgegenwärtig ist, an kein Volk und keinen Punkt der Erde gebunden und doch geeignet, die Grundlage für ihre harmonische Vollendung als Planetenmenschheit zu bilden . Wir wissen daher nicht, an welchem Ort der Erde sie im interkulturellen Diskurs Anerkennung und Umsetzung erfahren wird.

 

 



[1] Wie steht es nun mit der selbstreferentiellen Konsistenz der Sätze dieses Aufsatzes bezogen auf den linguistischen Aspekt der kommunikativen Vernunft bei APEL?

Alle Sätze dieses Aufsatzes gehören dem System der All-Sprache der Grundwissenschaft an, dessen Semantik durch die Erkenntnisse der Grundwissenschaft, dessen Syntax durch die All-Gliederung der Wesenheiten und Wesen an und in unter dem unendlichen und unbedingten Grundwesen und dessen Pragmatik durch die Endschau der Entwicklung der Menschheit nach der Lebenslehre der Grundwissenschaft bestimmt wird.

Diese Sätze sind so weit systeminvariant gegenüber allen bisherigen Kultur- und Sozialsystemen, dass sie in der Lage sind, Grundlage einer wissenschaftlichen, universellen Rationalität darzustellen, die ihrerseits universelle Prinzipien für Wissenschaft, Kunst und Sozialität im planetaren Sinne bilden kann. Dieser Hinweis erfolgt hier, um wenigstens die Möglichkeit der Prüfung dieser Behauptung neuerlich im Wissenschaftsbetrieb zu eröffnen.

Es kann hier der Einwand vorgebracht werden, das hier als neu festgestellte Grundsystem sei ja nur in unserer üblichen Sprache beschreibbar, setze also eine grüne Systemsprache, unsere Umgangssprache voraus (pragmatisch-linguistisches Argument), diese Sätze müssten verstanden werden, und setzen bereits wieder ein sozial vorgeformtes Sprachverständnis voraus (hermeneutischer Aspekt), kurz die konsensual-kommunikative Rationalität APEL's sei unhintergehbare Bedingung dieser Sätze.  Dazu ist zu sagen: Diese Zeilen in einer grünen Systemsprache, einer systemmitbedingten Sprache abgefasst, sind Anleitung, Hinweis, bestimmte bereits nicht mehr der Sprache der jeweiligen Gesellschaft angehörende Erkenntnisse, Gedanken, anzuregen. Diese Sätze sind aber für die Erkenntnisse der Grundwissenschaft nicht konstitutiv und sie bedürfen auch zu ihrer Begründung nicht eines kommunikativen Konsenses. Wohl aber ist zur Einführung dieser Erkenntnisse erforderlich, dass es gelingt, sie in der Kommunikationsgemeinschaft aller Menschen über kommunikativ-konsensuale Prozesse bekannt zu machen und nach ihren universalen Prinzipien die Gesellschaften weiterzubilden.