Die GRUPPE OR-OM und ihre Grundlagen

In der Zeit von 1781 bis 1832 lebte in Deutschland der Universal-Philosoph Karl Christian Friedrich Krause, dessen Grundwissenschaft im Laufe der Entwicklung der weiteren Philosophie zwar wirkungsgeschichtlich von den Systemen Hegels und dessen sozialpolitischen dialektischen Derivaten wie dem Marxismus-Leninismus verdrängt wurde, dessen Bedeutung für die weitere Evolution der Wissenschaften und der Menschheit als Weltgesellschaft aber sich im Laufe der Zeit zunehmend durchsetzte.

Die grundsätzlichen Neuerungen bestehen in der Begründung aller Wissenschaften an und in den Kategorien der Göttlichen Rationalität und damit der Fundierung einer undogmatischen Metaphysik. Sowohl die Probleme der platonischen Philosophie, die über Neuplatonismus und christlicher Mystik die weitere Entwicklung der Gesellschaften Europas beeinflusste, werden hierbei überwunden. Die skeptisch anthropomorphe Vernunftkritik Kants, die sich als transzendentaler Lingualismus bei Wittgenstein fortsetzt, wird als mangelhafte Zwischenstufe zwischen einem rüden Empirismus ( z.B. Logischer Empirismus) und den mangelhaften Bereichen der bisherigen Metaphysik ausgewiesen.

Während sich noch im 20.Jahrhundert die Dominanz der erwähnten Denkschulen und ihrer Derivate feststellen ließ, wobei den Evolutionsgesetzen entsprechend eine postmodernistische Relativierungsstrategie die in ihrer Vielfalt gleichzeitig angebotenen Philosophenschulen im Sinne einer Warenhausideologie als gleichwertige Angebote zu verkaufen suchte, zeichneten sich doch allmählich in den nächsten Jahrhunderten zunehmende Tendenzen ab, die Grundwissenschaft der von Krause begründeten WESENLEHRE für Wissenschaft, Kunst und vor allem die Veränderung der Gesellschaftsformationen nutzbar zu machen.

Bereits im 20.Jahrhundert wurden einzelne Werke Krauses neu aufgelegt [1] , vor allem aber auch im Sinne der Neuen Grundwissenschaft etwa im Bereiche der Kunst die evolutionslogischen Positionen der Kunstentwicklung des 20.Jahrhunderts auf die Grundwissenschaft und ihre Parameter bezogen und gleichzeitig Vorschläge unterbreitet, die Kunst in Richtung auf die neuen Grundlagen hin zu reformieren und weiterzubilden [2]

Die Gruppe Or-Om bildete sich in einer virtuellen Raumzeit – also unabhängig von der historischen Entwicklung der betroffenen Gesellschaften in Europa und den übrigen Kontinenten und ungebunden von den Ausprägungen des etablierten Kunstbetriebes als virtuelles Aktionsfeld. Die einzelnen Persönlichkeiten können daher an verschiedenen Punkten der üblichen Raumzeitentwicklung auftreten, sie wirken zeitübergreifend und zeitunabhängig und sind nur insoweit an die historischen Realitäten der jeweiligen Kunstepochen gebunden, als sie auf deren Begrenzungen, Einseitigkeiten und evolutionären Mängel Bezug nehmen und eine Weiterbildung der Kunst anzuregen. Grundsätzlich ist daher die Zahl der Mitglieder der Gruppe unbegrenzt.

Zu den wichtigsten Ansichten der Gruppe Or-Om gehört zweifelsohne ihre Sicht der unendlichen formalen und inhaltlichen Grundlagen der Kunst. Sowohl der Formenkanon, den die Kunst jemals umfassen kann, als auch die theoretisch-konzeptuellen Grundlagen der Kunst, wie Raum und Zeit, Entwicklung, Wachstum und Vergehen usw. beruhen auf einer neuen Basis, welche durch den in den Schriften der Gruppe stets wiederkehrenden Tempel der All-Kunst modellartig vorgestellt wird.

 

Aus den Manifesten der Gruppe OR-OM

Bei ihrer Analyse der Kunstentwicklung im 20.Jahrhundert kommt die Gruppe etwa zu folgenden Ergebnissen.

Entwicklung der Kunst im 20. Jahrhundert

Als Grundmotiv über die Entwicklung der Kunst im 20.Jahrhundert könnte man den Leitsatz stellen: Erhöhung der Vielfalt und Differenzierung ohne Bezug auf Einheit. „Es gibt keine Einheit, wir sind mit untereinander gleichwertigen, inkompatiblen Richtungen und Ansätzen konfrontiert, eine übergeordnete Instanz zur Ordnung oder gar Harmonisierung und Synthese dieser Strömungen gibt es nicht“. So sagt zumindest die postmoderne Philosophie, die selbst eine Tochter und nicht die Mutter der Moderne ist. Sie gibt uns daher auch keine Anhaltspunkte, die Moderne zu ordnen.

Um dies zu erreichen, müssen wir in der Zukunft Grundlagen finden - oder sollten wir sagen in der Zeitlosigkeit? Dort finden wir den „Tempel der All-Kunst“, der uns auch die Entwicklung der „Moderne“ klar macht. Die Kunst hat in diesem Tempel Hallen für alle Bereiche, die es auch im Universum gibt und die überhaupt Inhalt der Kunst sein können. In diesen Hallen ist natürlich auch die gesamte bisherige Kunstentwicklung und alle Kunsttätigkeit der Zukunft enthalten.

Wir beginnen unsere Wanderung in der Halle I ... Halle der Natur, Landschaft, alle Naturstoffe,  Pflanzen, Tiere, Menschen soweit sie körperlich sind.

Halle IIa....Formen, wo durch geistige Funktionen (Gedanken, Phantasie und Gefühle) Naturgegenstände frei umgestaltet, verändert werden (z.B.Surrealismus, Kubismus usw.). Hier überschneiden sich Geist und Natur.

Halle IIb...Reingeistige Formen ohne Naturbezug, die nicht aus der Natur abstrahiert sind, mit folgenden überwiegenden Eigenschaften: geometrisch, mathematisch, rational, antiphantastisch, antiemotional, antisubjektivistisch. (z.B. Konstruktivismus, de Stijl, geometrische Abstraktion usw.). Natürlich gibt es auch in der Natur eine Vielzahl mathematischer und geometrischer Formungsgesetze, im geistigen Bereich sind diese Gestaltungsmöglichkeiten jedoch wesentlich freier.

Halle IIc...Reingeistige Formen ohne Naturbezug mit folgenden überrwiegenden Eigenschaften: spontanistisch, zufallsorientiert, lyrisch, subjektivistisch, emotional, unbewußt. Z.B. lyrische, farbgestische Abstraktion, Abstraktion der genetischen Figuration, semantische Abstraktion, magische Abstraktion.

Halle IId...Konzept - Kunst. Gegenstand der Kunst ist nicht eine Darstellung in Naturstoffen, sondern das im Geist (Bewußtsein) des Künstlers vorhandene Konzept.

Halle III...Göttlicher Bereich. Dieser ist mit allen anderen Hallen I,II a,b,c,d verbunden, aber nicht jeder Künstler stellt in seiner Arbeit eine Verbindung hiemit her. Die Darstellung des Göttlichen, der Ur-Ideen aller Dinge, der Schönheit usw. kann in Stoffen der Natur, die anderen Menschen sinnlich wahrnehmbar sind, nur symbolisch, gleichnishaft erfolgen! Soweit dies geschieht, liegen folgende Varianten der Sakralkunst, des Kultes oder einer sakralen bzw. metaphysischen oder mystischen Dimension des Kunstwerkes vor:

Halle III verbunden mit I.. Darstellung der Körperlichkeit in der Natur, in denen die Schönheit göttlicher Urideen durchscheint (z.B. Griechenland, Renaissance; idealisierte Landschaften, Naturmystik, mythische Thematik soweit nicht bereits in Halle IIa, auch sakrale und mystische Konfigurationen mit Naturbezug in anderen Kulturen usw.).

Halle III verbunden mit IIa.. Mythologische, kultische, symbolistische Darstellungen von Göttern, Heroen, mystisch visonäre Phantasiegestalten, gesamte sakrale Ornamentik mit Naturformen usw.

Halle III und II,b,c,d ..metaphysische, symbolische, religiöse, mystische und sakrale Bezüge in reinen Geistformen, entweder geometrisch „apollonisch“ (z.B. auch die gesamte sakrale und kultische Ornamentik und Symbolik ohne Naturbezug) oder spontanistisch, „dionysisch“; schließlich eine sakrale, kultische oder mystische „reine Konzeptkunst“ ohne Darstellung in Naturstoffen, etwa in sakraler göttlicher Magie und Mystik, wo nur die Gedanken (Gedankenformen)  erzeugt werden, usw.

Was hat die Moderne im 20. Jahrhundert in diesen Hallen der Kunst geleistet? Sie hat vor allem die Bereiche IIa (begrifflich-phantastische Umgestaltung von Naturformen) erweitert, und hat erstmals in der Kunst die Bereiche reiner Geistformen als eigener Kunstrichtungen selbständig und unabhängig erschlossen (Hallen II b,c,d). Immer aber war typisch, daß jeder Künstler überwiegend nur sehr enge Teilbereiche in einem Tempel entwickelte (Partialität), keiner jedoch alle gleichzeitig erfaßte. Vor allem die Verbindungen zur Halle III sind derzeit selten ausgeprägt.

Sie haben jetzt selbst die Möglichkeit, Kunstrichtungen, oder KünstlerInnen, die Ihnen bekannt sind, in den Hallen zu finden. Alle haben darin ihren Platz.

Ernst Riemschneider schreibt etwa:

„Catherine David sagt am Ende der documenta 1997 : „Für mich ist es klar, daß das System der gegenwärtigen Kunst erschöpft ist. Wenn man ehrlich ist und genau hinsieht, dann muß man das einfach sagen.“

Wir sagen: Die `Palette`der inhaltlichen Möglichkeiten in Geist und Natur und ihren Überschneidungen ist numehr grundsätzlich aktiviert, nicht aber erschöpft im Sinne von ausgeschöpft, da die unendlichen formalen Möglichkeiten in Geist und Natur und ihren Überschneidungen überhaupt nie voll ausgeschöpft werden können.

Die Kunst hat sich im Rahmen der Entwicklung aller möglichen Teilbereiche im Alltempel erschöpft, ihr nächster Schritt erfordert eine Überschreitung der Partialfelder, das Vordringen zu den unendlichen und unbedingten Ur-Bereichen der Göttlichen Rationalität und eine:

a)         Deduktive, ableitende Neubegründung der Kunst am Göttlichen sowie

b)        eine Allharmonisierung und Allsynthese aller bisher erarbeiteten Formen und Inhalte in allen Teilbereichen des All-Tempels. Zu beachten ist, daß der Begriff `Synthese` hier nicht eine eklektizistische, mischende oder postmoderne Nebeneinandersetzung bisheriger Theorieansätze meint, auch dies ein Schritt der Evolution, sondern eine Deduktive Synthese, die sich aus einer Ableitung aller endlichen Formen aus der Unendlichen Göttlichen Vernunft ergibt [3] .“

 

Die vorliegende Dokumetation ist die Darstellung der Neuen Grundlagen, wie sie durch einzelne Mitglieder der Gruppe OR-OM bereits in theoretischen Abhandlungen wie konkreten Bildwerken benützt werden. Es handelt sich hiebei jedoch nicht um Kunstwerke im üblichen Sinn, sondern um die Sichtbarmachung der dargestellten All-Theorie der Kunst (Or-Om-Kunst).

m einzelnen enthält der Band folgende Teile:

 

Modell des All-Tempels der Kunst

Die Minimalversion eines Alltempels müßte so angeordnet werden, daß zumindest in jeder Halle ein typisches Bild der zugehörigen Richtungen aufgestellt wird. Natürlich sollten hiebei möglichst Originale der Erstgeneration der Strömung benützt werden.

Auch entsprechend aussagekräftige Reproduktionen erfüllen bis zu einem gewissen Grad den Zweck der Darstellung. Die Hallen wären mit entsprechenden Grundfarben auszustatten (Geist-gelb, Natur-blau, Überschneidung der beiden –grün, Urwesen-purpur).

Zwischen den einzelnen Hallen sind Durchgänge anzulegen.

Das Manifest: „Malerei aus der Zukunft. Theorie einer Deduktiven Kunst“ von Robert Merling bietet weitere praktische Hinweise für die Ausgestaltung.

Digitale Präsentation der Formendeduktion der Gruppe OR-OM

Die Aufsätze : „Grundlagen der digitalen Kunsttheorie“ von Ernst Riemschneider, Das VR-Modell der All-Kunst (VR_RM_AK)“ von Luc Burg, der Beitrag „Virtuelle Teilwelten und Universale All-Welt (Or-Om-Welt) von Regina Leifert sowie die Untersuchungen über „Menschliche und digitalisierte Intelligenz in der Kunst“ von Peter Paul Sarnig entwickeln Grundlagen einer digitalen Darstellungsmöglichkeit der deduktiven Entwicklung des allheitlichen Formenkanons nach dem Bau des Welltalls gemäß den Kategorien der Göttlichen Vernunft. Vor allem in der Arbeit Sarnigs wird sichtbar, daß auch die mathematische Grundlagenforschung, seit Cantor in einer schwelenden Krise, im Sinne der Grundwissenschaft auf eine völlig neue Grundlage gestellt werden kann und muß. Auf der Basis der Aktual-Unendlichkeit der unendlichen Göttlichen Wesenheit ist die Mathematik neu zu begründen [4] . Diese Grundlegung der Mathematik weist auch dem Unterschied zwischen menschlicher und digitalisierter Intelligenz neue Grenzen zu, da bekanntlich unendliche Katgorien nicht digitalisierbar sind. Die formall-logischen Systeme, seit Aristoteles in Fortsetzung bei Kant und Wittgenstein in der abendländischen Wissenschaft dominierend erweisen sich ebenfalls als reformbedürftig.

Die Präsentation der deduzierten PCX-files von Ernst Reimschneider kann im Sinne der digitalen Möglichkeiten unterschiedlich erfolgen. (z.B. Als visuelle Präsentation der Bildfolgen mit Begleittext, bzw. in Dauerpräsentation über einen Data Projector (Daten-Videoprojektor)). Er konstruierte auch einen „Generator aller Bilder“ auf digitaler Basis, der in den Grundzügen dargestellt wird.

Zeichnungen und Collagen – George Russel

Der Zyklus von etwa 50 Zeichnungen und Collagen von George Russel präsentiert in `traditionalistischer` Art den universalistischen Formenansatz der All-Malerei (Or-Om-Malerei). Der Betrachter soll aus dem Kästchendenken der derzeitigen plastischen Künste herausgeführt werden.

Wichtig sind darin vor allem die Bilder „Was Picasso (Heliòn usw.)  nicht erkannte“.  Auch hier soll versucht werden, die theoretischen Grenzen der jeweiligen Künstler und Kunstschulen zu exemplifizieren und synthetische Richtungen anzuregen.

American Stickers von Richard Berger-Mannheim

Die Arbeiten Richard Berger-Mannheims  American Stickers“ überwinden ebenfalls die derzeitigen postmodernen Partialansätze künstlerischer Formalkonzepte.

Geist - und Naturformen im All-Kanon – Anatol Beyazit

50 digitale Bilder, wo in Allgliederung Natur- und Geistformen in Harmonie verbunden sind.

  Verglinte Formen – Maria Vonfeld

Im Rahmen der virtuellen Erweiterung der Kunstformen im All-Tempel der Formen präsentiert Maria Vonfeld 40 Verglinte Formen, deren Haktierung sich aus der verschlürten Galterung des Herzers ergibt.  

 


[1] Krause: Vorlesungen über das System der Philosophie. Unveränderter Nachdruck der Ausgabe Gött ingen 1828 mit einem neuen Vorwort und Anmerkungen von S.Pflegerl. Eigenverlag.1981

[2] S.Pflegerl: Die Vollendete Kunst. Böhlau.Wien, Köln. 1990

[3] Mythisch unbestimmt ist dies etwa in folgender Stelle des Ägyptischen Totenbuches ausgedrückt: „Horus ist Nektar und göttliches Opfer zugleich; er sammelt, vereinigt die Glieder des Vaters. Denn sein Erlöser ist Horus. Er ist sein Erlöser. Die Himmlischen Meere durchzieht er, während des Vaters Leib in voller Verwesung. Wahrlich, Horus ist Herr Ägyptens, sein Gebieter und Meister. Den Gang der Dinge bestimmt er, der künftigen Jahrmillionen.“

[4] Bereits Krause selbst leistete in den `Vorlesungen über das System der Philosophie`wie in einem Aufsatz über die Idee der Mathesis (wiederabgedruckt in Pflegerl: Die Vollendete Kunst.S. 184f.) wichtige Grundlagenarbeit. Pflegerl fügte in seiner Neuherausgabe der `Vorlesungen`einige Hinweise zur Begründung der Or-Om-Mathematik und eine Kritik der Entwicklung der Mathematik von Cantor bis ins 20.Jahrhundert hinzu.